Unternehmer stehen immer wieder vor der Frage, wie ihre Nachfolge geregelt werden soll. Dies ist nicht nur in der aktuellen Phase eines ökonomischen Umbruchs eine besondere Herausforderung. Ein qualifiziert besetzter Beirat kann hier von besonderem Nutzen sein.
Jüngere Studien, u. a. der Stiftung Familienunternehmen sowie der Beratungsgesellschaft PwC, zeigen, dass sich zwar immer mehr Vertreter der „next generation“ vorstellen können, im eigenen Familienunternehmen Führungsfunktionen zu übernehmen. Allerdings bedeutet Führungsfunktion nicht unbedingt Geschäftsführung. So ist seit Jahren zu beobachten, dass mehr und mehr Nachkommen von Unternehmern in die Kontroll- und Aufsichtsgremien nachrücken, ohne vorher in der operativen Führung des Familienunternehmens aktiv gewesen zu sein. Außerdem wird das Modell des Alleinherrschers oder Patriarchen zunehmend durch Teams aus Familienmitgliedern und externen Führungskräften ersetzt. Trotzdem gibt es in vielen Unternehmen noch keine konkreten Vorkehrungen hinsichtlich einer strukturierten Nachfolgeregelung, weder für die geplante noch die risikobehaftete, d. h. ungeplante Nachfolge. Dabei ragt die Nachfolgethematik in die vielfältigen und interdependenten Teilbereiche von Familienunternehmen hinein. Zusätzlich können persönliche Auseinandersetzungen im Gesellschafterkreis die Nachfolge erschweren. Die Komplexität der zu beachtenden Einzelinteressen wächst von Generation zu Generation. So beruht eine Nachfolgeregelung in späteren Generationen vielfach eher auf einem Kompromiss und bietet nicht immer die bestmögliche Alternative.
Mögliche Rollen eines Beirats
Hier kann einem Beirat eine ganz wesentliche Aufgabe zukommen. Seine Rolle kann von der Aufstellung eines Nachfolgeplans und der Formulierung von Auswahlkriterien für einen potentiellen Nachfolger über dessen Auswahl (entweder ein Familienmitglied und/oder eine externe Führungskraft) bis hin zu einer Notfallgeschäftsführung, bei der der Beirat selbst für eine begrenzte Zeit die Geschäftsführung übernimmt, reichen. In letzterem Fall ist bei einem plötzlichen Ausfall des Unternehmers für die Fortführung der Geschäfte Sorge getragen und somit ein hohes Maß an Kontinuität gewährleistet. Allerdings setzt sie eine bereits bestehende Zusammenarbeit mit einem Beirat voraus, sodass dessen Mitglieder schon mit den wesentlichen Unternehmensaspekten vertraut sind. Außerdem müssen für eine Notfallgeschäftsführung durch den Beirat die erforderlichen Qualifikationen im Gremium vorhanden sein. Erfahrungsgemäß vergehen ein bis eineinhalb Jahre, bis ein Beirat eingerichtet und voll funktionsfähig ist. Daher sollte mit dessen Aufstellung möglichst frühzeitig begonnen werden, sodass den erkennbaren Herausforderungen mittels eines eingearbeiteten Beirats begegnet werden kann.
Auch nach der Übergabe an den Nachfolger kommen dem Beirat im Rahmen der reibungslosen Fortführung der Geschäfte wichtige Aufgaben zu. So ist der ausscheidende Unternehmer häufig noch emotional, häufig sogar noch konkret-operativ in Unternehmensentscheidungen eingebunden. Gleichzeitig will sich der Nachfolger mit seinen Vorstellungen im Unternehmen positionieren. Der Beirat kann in dieser Phase die Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien konstruktiv und ggfs. vermittelnd begleiten. Auch ein Wechsel in den Beirat kann dem ausscheidenden Senior die Übergangszeit erleichtern. Allerdings erwächst hieraus die latente Gefahr der Einmischung in Unternehmensentscheidungen, die eigentlich dem Nachfolger vorbehalten sind. Insofern empfiehlt es sich, dass der Beiratsvorsitz insbesondere bei einer internen Nachfolge durch eine neutrale externe Person wahrgenommen wird.
Sinnvolle Besetzung eines Beirats
Dem Beirat kommt also im Rahmen der Unternehmensnachfolge sowohl eine strukturierende als auch eine vermittelnde Aufgabe zu. Seine Neutralität machen ihn zu einem wichtigen Ansprechpartner für die beteiligten Personen. Dafür sollte er in seiner Struktur homogen und vor allem mit Vertretern mit unterschiedlichem Know-how-Hintergrund besetzt sein. Hierbei ist insbesondere an Personen zu denken, die eigene unternehmerische Erfahrungen einbringen können. Beiratsmitglieder müssen darüber hinaus über die erforderliche persönliche und soziale Kompetenz verfügen. Zugleich müssen sie in der Lage sein, dem Unternehmen auch zeitlich ausreichend zur Verfügung zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass Beiräte unabhängig sein müssen. Insofern scheiden als Mitglieder in Beiräten grundsätzlich alle Personen aus, die aufgrund von aktuellen Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen noch verbunden sind.
Den idealen Beirat gibt es allerdings nicht. Die optimale Besetzung hängt vornehmlich von den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens und der Gesellschafter ab. Gleichwohl lässt sich ein Anforderungskatalog von unterschiedlichen Eigenschaften aufstellen, die in einem Beirat vertreten sein sollten. Unternehmerische Fähigkeiten und Erfahrungen, möglichst auch im Branchenumfeld, Verantwortungsbewusstsein, strategische Kompetenz und betriebswirtschaftliche Kenntnisse werden als besonders wichtig empfunden. Auch analytisches Denken, Vertrauen sowie Kritik- und Konfliktfähigkeit sind für eine Beiratstätigkeit auf Augenhöhe erforderlich. Besondere Bedeutung kommt der Unabhängigkeit des Beirats vor allem von den Gesellschaftern bzw. Familienmitgliedern und den operativen Führungskräften zu.
Auswahl von Beiratsmitgliedern
Bei der Auswahl von Beiratsmitgliedern greifen Unternehmer noch immer überwiegend auf das eigene persönliche Netzwerk zurück. Dabei sind dann Interessenkonflikte und persönliche Verbindungen fast nicht zu vermeiden. Zunehmend werden in jüngerer Zeit externe Persönlichkeiten mit der entsprechenden Kompetenz durch die Einschaltung professioneller Dienstleister gewonnen, die sich auf die Beiratsvermittlung spezialisiert haben. Auch gibt es kompetente Beiräte nicht zum Nulltarif. Die Vergütung sollte dem erforderlichen zeitlichen Aufwand und der Verantwortung angemessen sein. Kompetente Beiräte wollen ernst genommen werden, sie wollen sich mit ihren Ideen einbringen und mitgestalten. Dann ist die Höhe der Beiratsvergütung letztlich auch ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Arbeit. Ein qualifiziert besetzter Beirat ist auch für Familienunternehmen daher keine lästige Pflicht, sondern ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft, gerade auch im Rahmen einer Unternehmensnachfolge. Richtig eingesetzt hilft ein Beirat das unternehmerische Vermögen zu erhalten und ggfs. zu mehren. Viele Familienunternehmen wissen die Vorteile eines hochwertig besetzten Beirats inzwischen zu schätzen. Die Kosten-Nutzen-Relation ist nämlich nicht zu toppen!
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel war 25 Jahre im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Er ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).
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