Zeit zum Lesen: 4 Minuten

Qualifizierte Besetzung und professionelle Arbeit von Beiräten – Dr. Klaus Weigel


Unternehmen agieren derzeit in einem Umfeld, das von immensen Herausforderungen geprägt ist. Sie handeln in einem Tagesgeschäft, in dem sie sich nicht mehr auf frühere Erfolgsstrategien verlassen können. Zugleich haben sie sich auf eine Zukunft einzustellen, die mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist. In diesem Szenario kann die Etablierung eines Beirats oder eines Aufsichtsrats ein Instrument sein, um den Unwägbarkeiten erfolgreich zu begegnen. Die qualifizierte Besetzung der Gremien entscheidet über ihre Arbeit.

Die Einrichtung eines qualifiziert besetzten Beirats oder Aufsichtsrats hat sich in den letzten Jahren gerade auch in Familienunternehmen durchgesetzt und als Instrument guter Unternehmensführung (»Good Governance«) bewährt. Die Zahl der Unternehmen mit einem freiwilligen Kontrollorgan wächst kontinuierlich. Immer häufiger werden diesen Gremien auch weitreichende Kontroll- und Zustimmungskompetenzen übertragen. Und: Die Zufriedenheit der Unternehmer mit ihrem Beirat ist hoch, w ie jüngste Umfragen zeigen. Obwohl zusätzliche zeitliche und finanzielle Ressourcen für einen Beirat bereitzustellen sind, bewerten die befragten Unternehmer den Zusatznutzen als überaus hoch. Mit der Einrichtung freiwilliger Beiräte und der Ausweitung ihrer Kompetenzen sind freilich auch die Voraussetzungen für eine effektive Mitwirkung zu schaffen. Dabei handelt es sich um klare Strukturen bezüglich des Einflusses der Familie(n) auf das Unternehmen, die Gewinnung qualifizierter Persönlichkeiten als Mitglieder des Gremiums und die Gewährleistung einer professionellen Arbeitsweise.

Bei der Einrichtung eines Beirats stehen zunächst organisatorische Aspekte wie dessen Einordnung in die Struktur eines Unternehmens, die Größe des Gremiums und seine Kompetenzen im Mittelpunkt, wobei gute Strukturen allein noch keine erfolgreiche Arbeit garantieren. Vor allen Dingen sind die Erwartungen des Unternehmers an »seinen« Beirat und an das Rollenverständnis aller Beteiligten vorab zu klären. Unternehmer sollten sich deutlich machen, dass ihre Erwartungen an den Beirat nur erfüllbar sind, wenn diesem auch die Befugnisse übertragen werden, seine Aufgaben umsetzen zu können. Das gilt vor allen Dingen in Umbruchphasen, in denen Unternehmen vor wesentlichen Weichenstellungen stehen. Oft sind dies auch typische Anlässe, um einen Beirat erstmals einzurichten, um zusätzliche Kompetenz in das Unternehmen einzubringen oder auch um Konflikte im Gesellschafterkreis zu lösen.

Gelegentlich ist von Unternehmern zu hören, ein Beirat mache die Entscheidungsfindung unnötig komplex. Hinter dieser Befürchtung verbirgt sich jedoch eher die Sorge, einen Machtverlust zu erleiden. Dazu besteht keine Sorge. Ein gut besetzter Beirat bietet große Chancen, weil Unternehmer starke Sparringspartner erhalten. So kann der Beirat zu einem strategischen Instrument entwickelt werden, um gerade auch strukturelle Defizite gegenüber größeren Wettbewerbern auszugleichen. Ein kompetenter Beirat erlaubt ein externes und ein internes Benchmarking wichtiger Strukturen und Abläufe im Unternehmen, da er von betrieblichen Restriktionen befreit urteilen kann. Viele Unternehmer begreifen die Zusammenarbeit mit dem Beirat als Chance, ihre Ideen und Visionen konstruktiv kritischen Dritten darzulegen und zu begründen. Der intensive Austausch hilft zumindest, Fehleinschätzungen zu verringern. Daher sollte ein Beratungs- und Kontrollkonzept in der Beiratssatzung verankert werden, das der Situation des Unternehmens entspricht.

Während »Start ups« wachsender Professionalisierung, der Sicherung der Liquidität, aber auch zunehmender Unabhängigkeit der Organisation vom Firmengründer bedürfen, suchen reife Unternehmen eher Unterstützung durch neue Ideen oder hinsichtlich der Ordnung des Gesellschafterkreises. Insofern steht Beratung im frühen Lebenszyklus von Unternehmen im Vordergrund. Im Laufe der Zeit wachsen dem Beirat dann mit der Generationenabfolge eher Kontrollfunktionen zu. Wichtig bei alledem bleibt die professionelle Besetzung des Gremiums. Hier gilt die Faustregel, dass es mehr familienfremde Beiratsmitglieder gibt, wenn die Gesellschafterstruktur komplexer wird. Externe Fachleute stellen heute bereits in jedem zweiten Beirat die Mehrheit. Dabei ist auf eine gute Mischung aus unternehmerischen Persönlichkeiten, Erfahrungen und Fähigkeiten zu achten. Branchenkundige Insider können sich sinnvoll mit Personen ergänzen, die Expertise in anderen Märkten oder in Zukunftsmärkten haben. Entscheidend ist der Nutzen, den Beiratsmitglieder aufgrund ihres beruflichen Profils einbringen sollen. Insofern sind häufig Kompetenzen in Finanzierungsfragen, in Restrukturierungsthemen oder hinsichtlich der Begleitung von Innovationsprozessen interessant

Der BGH verlangt von Aufsichtsräten, Mindestkenntnisse allgemeiner wirtschaftlicher, organisatorischer und rechtlicher Art zu besitzen, um geschäftliche Transaktionen ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht einschätzen zu können. Dasselbe sollte auch für Familienmitglieder in Beiräten gelten. Externe Beiräte wiederum sollten weder in geschäftlichen noch in persönlichen Beziehungen zum Unter nehmen oder zum Unternehmer stehen. Der Vorsitzende des Beirats sollte langjährige Führungskompetenz besitzen. Im Übrigen hängt der Erfolg jeder Beiratsarbeit vom vertrauensvollen Zusammenwirken seiner Mitglieder ab

Um Beiräte zu besetzen, greifen Unternehmen immer noch stark auf ihr Umfeld zurück. Durch diese Ausschöpfung persönlicher Netzwerke sind spätere Interessenkonflikte fast unvermeidbar. Insofern sollten profilierte Persönlichkeiten von außen durch ausgewiesene Dienstleister gewonnen werden. Gute Beiratsmitglieder drängen sich ja nicht auf, sondern wollen »ausgewählt« und gebeten werden. Bei ihnen steht auch die Vergütung nicht im Vordergrund. Sie wollen er nst genommen werden, da sie sich mit Ideen und Vorschlägen einbringen, um mitzugestalten. Die angemessene Honorierung ist folglich eine Wertschätzung ihrer Arbeit.

Beiratssitzungen und Beiratsentscheidungen effizient zu halten, bedarf es leistungsfähiger Arbeitsstrukturen. Eine zeitgemäße Beiratsordnung legt die Kriterien für die Vorbereitung und Durchführung von Sitzungen fest, sie regelt die Entscheidungsprozesse, sie definiert interne Abläufe und sie formuliert Verantwortlichkeiten. Gleichwohl zeigt sich die Qualität der Arbeit eines Beirats erst in der Praxis. Deshalb dürfen auch nachträgliche Veränderungen der Zusammensetzung eines Beirats kein Tabuthema sein. Die regelmäßige Überprüfung der Arbeitseffizienz gehört in vielen Unternehmen bereits zum Standard. Gelegentlich machen aber auch Veränderungen im Umfeld des Unternehmens die Neuausrichtung des Beirats nötig. Wechsel im Gesellschafterkreis, ausgeprägte Wachstumsphasen oder eine stärkere Internationalisierung müssen sich in der Struktur des Beirats widerspiegeln. Dies gilt natürlich auch für dessen Kontrollaufgaben, die sich in solchen Situationen nachhaltig ändern können.

Fazit:

Ein qualifiziert besetzter Beirat bietet Chancen und Potenziale. Das Gremium ist ein strategisches Instrument, um die Zukunft von Familienunternehmen zu sichern, also unternehmerisches Vermögen zu mehren. Die Kosten-/Nutzen-Relation ist exzellent. Dies alles sollte man sich in dieser Krise noch mehr zu Nutze machen.

Dr. Klaus Weigel, Geschäftsführender Gesellschafter WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg

Erschienen in: Unternehmermagazin 7/8 2009