Eine jüngst von PwC vorgestellte Studie über die Exit-Aktivitäten von deutschen und internationalen Private Equity-Gesellschaften zeigt, dass Finanzinvestoren ihre Beteiligungen an deutschen Unternehmen inzwischen deutlich länger halten als noch vor zehn Jahren. Lag die Haltedauer zwischen 2004 und 2009 bei durchschnittlich nur 3,7 Jahren, liegt die mittlere Haltedauer seitdem bei 5,3 Jahren. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, würden sich Finanzinvestoren im Jahr 2019 im Schnitt erst nach knapp sieben Jahren von ihren Portfoliounternehmen trennen.
Ein Grund für diese längere Haltedauer ist die seit der Finanzkrise grundlegend geänderte Strategie vieler Private Equity-Unternehmen. Ging es früher in erster Linie um Finanzoptimierung, etwa über den Leverge-Effekt mit einer möglichst niedrigen Eigenkapitalquote, so wollen die meisten Private Equity-Manager heute die akquirierten Unternehmen strategisch durch operative Verbesserungen nach vorne bringen. Dafür werden u.a. in den Portfoliounternehmen Beiräte bzw. Aufsichtsräte gebildet und ganz gezielt mit Personen besetzt, die eine speziell für das Portfoliounternehmen passende langjährige Branchen- und/oder Facherfahrung einbringen können. In die Suche nach für den Beirat bzw. Aufsichtsrat geeigneten Persönlichkeiten werden dann ganz gezielt auf die Besetzung von Beiräten bzw. Aufsichtsräten spezialisierte Vermittler mit entsprechenden Netzwerken zu qualifizierten Persönlichkeiten beauftragt und mit spezifisch definierten individuellen Suchprofilen für die Beiräte und Aufsichtsräte ausgestattet. Damit orientiert sich der Such- und Besetzungsprozeß von Beiräten und Aufsichtsräten in den Portfoliounternehmen von Finanzinvestoren ganz stringent an den strategischen Herausforderungen des betreffenden Unternehmens und weniger an persönlichen Präferenzen der involvierten Personen.
Diese Vorgehensweise für die Besetzung von Beiräten und Aufsichtsräten sollten sich auch Familienunternehmen vermehrt zunutze machen. Häufig haben Beiräte und Aufsichtsräte dort, soweit es sie überhaupt gibt, eher einen „Friends-and-Family“-Charakter. Außerdem ist die Zahl der Mitglieder in Beiräten bzw. Aufsichtsräten aus rechts- und steuerberatenden Berufen sowie aus Kreditinstituten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Vergleich zu den Portfoliounternehmen von Finanzinvestoren viel höher! Hier scheint aber generationsbedingt ein Umdenkungsprozess in Gang zu kommen. Persönlichkeiten mit eigener operativer Führungserfahrung sowie einem profunden Branchen- bzw. Fachwissen sind eher in der Lage, die Unternehmensstrategie qualifiziert zu begleiten. Sie bringen eine unabhängige Sichtweise ohne betriebsinterne Zwänge und insbesondere ohne Interessenkonflikte ein und stellen externes Know-how zur Verfügung, über das das Unternehmen vielleicht selbst gar nicht verfügt. Dies kann z. B. neue attraktive Auslandsmärkte und/oder Kundensegmente betreffen und damit dem Unternehmen helfen, Chancen zu ergreifen und Risiken zu verringern. Erfahrene Beiräte bzw. Aufsichtsräte können aber auch als Vermittler zwischen unterschiedlichen Gesellschafterinteressen und/oder Meinungsunterschieden zwischen Gesellschaftern und Management fungieren.
So ist ein qualifiziert besetzter Beirat bzw. Aufsichtsrat keine lästige Formalie. Er sollte als strategisches Instrument eingesetzt werden, um die Unternehmenszukunft zu sichern. Er hilft damit vor allem unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Gerade auch die Gesellschafter mittelständischer Unternehmen sollten dieses Instrument gezielter einsetzen – und damit von Finanzinvestoren lernen.
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für verschiedene Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD) und gehört seit vielen Jahren dem Unternehmerbeirat der Oskar-Patzelt-Stiftung an, die seit fast 25 Jahren den Wettbewerb „Großer Preis des Mittelstands“ ausrichtet.
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