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Am 23.06.2016 referierte Herr Dr. Klaus Weigel bei einer Abendveranstaltung der Nürnberger Firma Familienwerte zum Thema „Von der Rotweinrunde zum strategischen Sparringspartner“ über die Herausforderungen der Corpoate Governance in Familienunternehmen.


Überblick

  • Vorstellung Dr. Klaus Weigel
  • Einsatz von Beiräten in Familienunternehmen
  • Das Anforderungsprofil für Mitglieder von Beiräten in Familienunternehmen
  • Der Markt für qualifizierte Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen
  • Vergütung für Mitglieder von Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen
  • Anregungen für die Effizienz der Arbeit von Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen
  • Fazit

Vorstellung Dr. Klaus Weigel

Langjährige Erfahrung als Mitglied von Beiräten und Aufsichtsräten sowie bei deren Strukturierung und Zusammenstellung. Mitglied der Bundesfachkommission „Familienunternehmen und Mittelstand“ des Wirtschaftsrats. Mitglied des Unternehmerbeirats der Oskar-Patzelt-Stiftung („Großer Preis des Mittelstands“).

  • seit Februar 2013
    Mitglied des Vorstands/Mitgründer von Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMidD)
    Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main
  • seit Oktober 2006
    Geschäftsführender Gesellschafter
    Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main
  • Januar 2001 – Mai 2006
    Vorsitzender der Geschäftsführung
    DZ Equity Partner GmbH, Frankfurt am Main
  • Mai 1999 – Dezember 2000
    Bereichsleiter Corporate Advisory
    UBS (Deutschland) AG, Frankfurt am Main
  • Juli 1980 – April 1999
    Abteilungsleiter Beteiligungen / M&A / Aktienemissionen
    BHF-Bank AG, Frankfurt am Main

Einsatz von Beiräten in Familienunternehmen

Familienunternehmen sind anders als Kapitalmarktunternehmen:

  • weil eine Familie als Gesellschafter Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens nimmt,
  • weil Konflikte zwischen Familienmitgliedern bzw. Gesellschafterstämmen das Unternehmen gefährden können,
  • weil in Familienunternehmen eher in Generationen statt in Quartalen gedacht wird,
  • weil häufig die finanzielle Eigenständigkeit angestrebt wird,
  • weil Familienunternehmen eher als beratungsresistent gelten.

Herausforderungen der Corporate Governance in Familienunternehmen

Herausforderungen der Corporate Governance in Familienunternehmen

Vorbehalte und Vorurteile von Familienunternehmen

  • Ich erwarte nicht, dass ein Beirat unserem Familienunternehmen nutzen wird.
  • Ich möchte nicht, dass Dritte mit unseren Herausforderungen konfrontiert werden.
  • Ich möchte nicht, dass wir durch einen Beirat an Flexibilität verlieren und Entscheidungsprozesse verlängert werden.
  • Ich möchte nicht, dass der Beirat mich kontrolliert.
  • Ich möchte nicht, dass mir der Beirat zu sehr reinredet.
  • Ich möchte nicht, dass der Beirat auf ewig zementiert ist.

Quelle: Köberle-Schmid, Der Beirat 2015

Ein Beirat ist ein freiwilliges, zusätzliches, in der Regel kleines, auf Dauer angelegtes und nur gelegentlich tagendes Organ oder Gremium, das auf der obersten Führungsebene neben Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung angesiedelt ist und sowohl mit Gesellschaftern als auch Nicht-Gesellschaftern besetzt sein kann. Der Beirat kann eine Vielzahl von Aufgaben wahrnehmen, die in Abhängigkeit von der Situation des Unternehmens individuell zu bestimmen sind. Er soll dem Unternehmen als Instrument zur Lösung bestimmter aktueller oder zukünftiger Probleme dienen. Zur Lösung dieser Probleme übt der Beirat sowohl Kontroll- als auch Beratungsfunktionen aus.

Quelle: Henseler 2006

Ein Unternehmensbeirat kann im Gesellschaftsvertrag verankert sein (organschaftlicher Beirat). Der Gesellschaftsvertrag regelt dann die wesentlichen Bestimmungen und Grundlagen für die Zusammensetzung des Beirats, die Ernennung und Abberufung von Beiratsmitgliedern sowie die Aufgaben und Kompetenzen des Beirats. Zusätzlich zu diesen gesellschaftsrechtlichen Aspekten können weitere Details auch in einer Geschäftsordnung des Beirats geregelt werden.

Der schuldrechtliche Beirat ist nicht im Gesellschaftsvertrag verankert und damit kein Organ der Gesellschaft. Ein rein auf schuldrechtlicher Basis verankerter Beirat ist mit einem Beratervertrag vergleichbar. Er hat in der Regel lediglich beratende Funktion oder eher repräsentativen Charakter.

In neueren Befragungen von Familienunternehmen hat stets eine große Mehrheit den Zusammenhang zwischen einer guten Arbeit im Kontroll- und Aufsichtsgremium und dem wirtschaftlichen Erfolg bestätigt. Dabei sind folgende positive Effekte zu nennen:

  • Unterstützung der Geschäftsführung durch Beratung, Empfehlungen, Know-how und unabhängige Meinungsäußerungen
  • Verbesserung der Transparenz und Nachhaltigkeit durch die Unterstützung bei der Analyse von Handlungsalternativen
  • Vorgabe von Unternehmenszielen und –strategien, die aus den Werten und Zielen der Familie im Bezug auf das Unternehmen abgeleitet werden
  • Förderung von Selbstdisziplin, Verantwortung und Rechenschaft innerhalb der Geschäftsführung
  • Unterstützung bei der Auswahl von Nachfolgern in der Geschäftsführung
  • Vermittlung bei Konflikten insbesondere zwischen Gesellschaftern und Schutz des Unternehmens vor unsachgemäßer Einflußnahme von Gesellschaftern

Corporate Governance-Themen in der aktuellen Diskussion

  • Professionalisierung des Besetzungsprozesses sowie der Arbeit der Kontroll- und Aufsichtsgremien und ihrer Mitglieder
  • Unabhängigkeit der Mitglieder von Kontroll- und Aufsichtsgremien
  • Begrenzung der Anzahl von Mandaten pro Person
  • Zunehmende Haftungsrisiken für die Mandatsträger
  • Diversity (Gender, Know-how-Profile, Internationalität)
  • Umsetzung der EU-Abschlußprüfer-Richtlinie in deutsches Recht (AReG, APAReG)
  • Neue Regeln für den aktienrechtlichen Aufsichtsrat bei nicht-mitbestimmungspflichtigen Unternehmen (§ 95 AktG)

Das Anforderungsprofil für Mitglieder von Beiräten in Familienunternehmen

Die Anforderungen an die Mitglieder von Beiräten in Familienunternehmen haben sich wesentlich verändert

  • Vom Kuschelclub zum Performance-Coach
  • Vom Renommee-Job nach einem erfolgreichen Berufsleben zur Profession erfahrener Manager als eigenständiger Karriereweg („Berufsaufsichtsrat“)
  • Vom Kontrolleur zum strategischen Sparringspartner
  • Vom Sitzungsgeld zur leistungsadäquaten und nachhaltigen Vergütung

Was mittelständische Unternehmen von Private Equity-Häusern lernen können

  • (Freiwilliges) Kontroll- und Aufsichtsgremium dient der systematischen Erschließung externen Branchen-Know-hows
  • Im Vordergrund der Arbeit des Kontroll- und Aufsichtsgremiums stehen operative und strategische Themen
  • Private Equity-Häuser erwarten von Mitgliedern des Kontroll- und Aufsichtsgremiums vor allem Branchenkenntnisse, Erfahrungen in der operativen Unternehmensführung sowie soziale Kompetenz
  • Mehrheitlich werden Mitglieder des Kontroll- und Aufsichtsgremiums aufgrund von Empfehlungen Dritter identifiziert

Quelle: Umfrage WP Board & Finance GmbH, 2006

Funktionen und beispielhafte Aktivitäten des Beirats/Aufsichtsrats

  • Beratung der Geschäftsleitung
    Sparringspartner bei der Entwicklung einer Unternehmensstrategie
    Beurteilung der Wettbewerbsposition und rechtzeitiges Erkennen möglicher Bedrohungen
  • Überwachung der Geschäftsleitung
    Bestellung und Überwachung der Geschäftsleitung im Auftrag der Gesellschafterversammlung
  • Ausgleich unterschiedlicher Interessengruppen
    Neutrale Instanz bei Konflikten zwischen unterschiedlichen Gesellschaftergruppen oder Gesellschaftern und dem Management
  • Erweiterung des Netzwerkes
    Schaffung von Marktzugang durch Kontakte und Know-how der Beiräte
  • Repräsentation des Unternehmens
    Übernahme einer (aktiven) Rolle in der Unternehmenskommunikation

Die einzelnen Mitglieder des Beirats/Aufsichtsrats sollen sich in ihren Fähigkeiten, Denkrichtungen und Erfahrungen ergänzen, um ein möglichst breites Spektrum an Anforderungen abzudecken („Diversity“). Ihre Qualifikation sollte mit den künftigen Herausforderungen des Unternehmens kompatibel sein.

  • Fachkompetenz / Sozialkompetenz
  • Integrität
  • Unabhängigkeit
  • Bereitschaft zum persönlichen Einsatz
  • Strategisches Denken
  • Natürliche Autorität
  • Objektives Urteilsvermögen
  • Kollegialität

Der Markt für qualifizierte Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen

In den vergangenen Jahren sind zur Existenz, Struktur und Arbeit von Beiräten in Familienunternehmen einige Umfragen durchgeführt worden:

  • Rund 50 Prozent aller mittelständischen Unternehmen haben ein Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium eingerichtet
  • Der Prozentsatz der Unternehmen mit Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien erhöht sich mit steigendem Umsatz ebenso wie mit steigender Zahl der Gesellschafter und Komplexität des Unternehmens
  • Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen werden inzwischen vermehrt auch mit externen Persönlichkeiten besetzt
  • Bei der Zusammensetzung der Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen mit externen Personen dominiert noch immer die Gruppe der Unternehmensberater, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Bankvertreter, jedoch mit rückläufigem Trend
  • Über 70 Prozent der Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien setzen sich aus drei bis fünf Mitgliedern zusammen
  • Immer häufiger werden dem Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium klare Kompetenzen übertragen
  • In rund 75 Prozent der Unternehmen mit einem Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium finden drei bis vier Sitzungen pro Jahr statt
  • Die Vergütung hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Sie liegt aber für ein einfaches Mitglied selbst bei Unternehmen bis € 250 Mio. Umsatz häufig noch unter € 20.000,- pro Jahr
  • Zwei Drittel der Unternehmen gewinnen ihre Mitglieder für das Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium noch immer in ihrem unmittelbaren Bekanntenkreis
  • Bei der gewünschten fachlichen Qualifikation dominiert die strategische Kompetenz deutlich vor besonderen Kenntnissen z.B. in Finanzen und Controlling.
  • Die Zufriedenheit der Unternehmer mit ihrem Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium ist hoch

Vergütung für Mitglieder von Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen

Durchschnittliche Jahresvergütung der einfachen Gremienmitglieder nach Umsatzgröße

Durchschnittliche Jahresvergütung der einfachen Beirats-/ Aufsichtsratsmitglieder nach Umsatzgröße

Quelle: BfUN 2013

Vergütungshöhe des Vorsitzenden im Vergleich zu den einfachen Gremienmitgliedern

Vergütungshöhe des Beirats-/ Aufsichtsratsvorsitzenden im Vergleich zu den einfachen Gremienmitgliedern

Quelle: BfUN 2013

Anregungen für die Effizienz der Arbeit von Kontroll- bzw. Aufsichtsgremien in Familienunternehmen

  1. Ein Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium sollte rechtzeitig und zielbewusst eingesetzt werden
  2. Gesellschafter und Geschäftsführer sind mit einzubinden
  3. Die Erwartungen an ein Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium sind möglichst präzise zu definieren – Transparenz der Gremienarbeit schaffen
  4. Dem Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium sind ausreichende Kompetenzen zu übertragen
  5. Es ist auf eine professionelle Zusammensetzung zu achten
  6. Für alle Mitglieder sind detaillierte Anforderungsprofile vor der Suche zu definieren
  7. Ausschließlich hochqualifizierte Persönlichkeiten sind für das Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium geeignet
  8. Eine professionelle Einführung und Arbeitsstruktur gewährleistet eine effektive Arbeit
  9. Eine regelmäßige und kritische Überprüfung der Arbeit des Kontroll- bzw. Aufsichtsgremiums erhöht dessen Effizienz
  10. Das Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium ist stets an sich ändernde Verhältnisse anzupassen

Fazit

Ein Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium bietet gerade auch für Familienunternehmen klare Vorteile:

  • bringt zusätzliche Erfahrung, Expertise und Neutralität in das Familienunternehmen ein
  • fördert Selbstdisziplin und Verantwortungsbewusstsein des Managements
  • bewertet die Leistung, die Strategie, die Vergütung und andere Aspekte des Familienunternehmens aus neutraler Sicht im Interesse des Unternehmens
  • bewertet die Ideen von Eigentümer-Managern und Fremd-Managern
  • unterstützt bei der strategischen Planung und internen Kontrolle
  • fördert die Entscheidungsfindung
  • stellt herausfordernde und kritische Fragen
  • liefert unterstützende und vertrauenswürdige Beratung
  • verbessert die Beziehungen zwischen den verschiedenen Interessengruppen
Abendveranstaltung vom 23.06.2016
Download der Präsentation "Von der Rotweinrunde zum strategischen Sparringspartner" als PDF-Dokument.