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Ein Beirat kann in familiengeführten Unternehmen von hohem strategischen Nutzen sein und den wirtschaftlichen Erfolg fördern. Dennoch: Die Mehrzahl mittelständischer Unternehmen lassen diese Möglichkeiten ungenutzt.


Die Zahl der Unternehmen in Deutschland, die freiwillig einen qualifizierten und aktiven Beirat installieren, nimmt stetig zu. Auch familiengeführte Unternehmen erkennen mehr und mehr, dass ein mit qualifizierten und erfahrenen Persönlichkeiten besetztes Beratungs- und Kontrollgremium als strategischer Sparringspartner der Geschäftsführung maßgeblich den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens fördert. Dabei zeigt sich in Umfragen auch immer wieder, dass die Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrem Beirat hoch ist. Trotzdem nutzen selbst größere Mittelstandsunternehmen in der Mehrzahl dieses Instrument nicht. Die Quote dürfte im breiten Mittelstand noch erheblich größer sein.

Innovationstempo und Wettbewerbssituation haben in vielen Branchen so dramatisch zugenommen, dass die Unternehmen gezwungen sind, regelmäßig ihre Kerngeschäftsfelder zu überprüfen, neu zu justieren und, falls erforderlich, auch neu zu definieren. So zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Bain & Company, dass nur ein Drittel aller Unternehmen in zehn Jahren noch in der heutigen Struktur existieren wird, zwei Drittel hingegen werden ihre Eigenständigkeit verlieren oder ihr Kerngeschäft grundlegend verändern. Insofern kann ein mit unternehmerisch erfahrenen Persönlichkeiten besetzter Beirat als strategisches Instrument eingesetzt werden, um die vielfältigen Herausforderungen gerade auch in mittelständischen Unternehmen zu bewältigen: Wie soll sich das Unternehmen künftig marktmäßig positionieren? Welche Produkte sollen angeboten, welche neu entwickelt werden? Wie soll dem zunehmenden internationalen Wettbewerb begegnet werden? Welche Finanzierungsinstrumente und -strategien sollen zum Einsatz kommen? Und: Müssen möglicherweise kurz- oder mittelfristig Restrukturierungen eingeleitet werden?

Beiräte bringen bei solchen grundsätzlichen Analysen eine unabhängige Sichtweise ohne betriebsinterne Zwänge und Interessenkonflikte ein und können externes Knowhow zur Verfügung stellen, über das das Unternehmen selbst vielleicht nicht verfügt. Dies kann zum Beispiel bezüglich neuer Auslandsmärkte oder Kundensegmente gelten und damit dem Unternehmen dabei helfen, Risiken zu verringern und grobe Fehler zu vermeiden. Erfahrene Beiräte können aber auch als Vermittler zwischen unterschiedlichen Gesellschafterinteressen oder Meinungsunterschieden zwischen Gesellschaftern und Management fungieren. Dies gilt zum Beispiel in Krisensituationen oder bei der Frage der künftigen Gesellschafterstruktur bis hin zur Regelung der Unternehmensnachfolge. Über Beiratsmitglieder können aber auch neue Kontakte und Netzwerke und damit letztlich auch neue Märkte beziehungsweise Vertriebswege erreicht werden. Schließlich können Beiratsmitglieder auch den Außenauftritt mittelständischer Unternehmen – zum Beispiel gegenüber Banken und anderen Bezugsgruppen  unterstützen.
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) schreibt für Aufsichtsratsmitglieder in börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften bestimmte fachliche und persönliche Grundvoraussetzungen vor, die zwingend erfüllt sein müssen, um die Überwachungsaufgabe sachgerecht ausüben zu können. Für Beiräte hingegen gibt es keine festgelegten Mindestqualifikationen. Trotzdem lassen sich aus dem DCGK klare Anhaltspunkte ableiten. So sollen die Mitglieder eines Aufsichtsrats über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen. Dabei sollen die internationalen Tätigkeiten des Unternehmens, potentielle Interessenkonflikte sowie eine festzulegende Altersgrenze berücksichtigt werden. Des Weiteren ist dort auch noch festgelegt, dass dem Aufsichtsrat nach dem DCGK eine ausreichende Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören muss, um eine unabhängige Beratung und Überwachung zu gewährleisten. Als unabhängig werden Aufsichtsratsmitglieder dann angesehen, wenn sie in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zur Gesellschaft oder deren Vorstand stehen, die einen Interessenkonflikt begründen könnte.

Ein Beirat sollte in seiner Struktur homogen sein und stets Vertreter mit unterschiedlichem Knowhow-Hintergrund enthalten. Beiratsmitglieder müssen neben der persönlichen, fachlichen und sozialen Kompetenz auch in der Lage sein, dem Unternehmen zeitlich im erforderlichen Maße zur Verfügung zu stehen. Selbstverständlich müssen Beiratsmitglieder die ihnen zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen vertraulich behandeln und ihrer Aufgabe mit größter Sorgfalt nachgehen.

Ein qualifiziert besetzter Beirat sollte daher von Familienunternehmen nicht als lästige Pflicht angesehen werden. Er kann im Gegenteil als strategisches Instrument eingesetzt werden, um die Unternehmenszukunft zu sichern und damit unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Es gibt qualifizierte Beiräte zwar nicht zum Nulltarif. Auch sollte ihre Auswahl professionell durchgeführt werden. Richtig besetzt, weisen solche Gremien aber eine fast unschlagbar günstige Kosten-Nutzen-Relation auf. Dies sollten sich auch Familienunternehmen noch mehr zunutze machen.

Dr. KLAUS WEIGEL ist Geschäftsführender Gesellschafter der WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg.

Erschienen in: F.A.Z.-Verlagsbeilage „Zukunft Mittelstand“ vom 10. Oktober 2008