Die aktienrechtliche Wahlperiode von Aufsichtsräten von maximal fünf Jahren ist erneut in der Diskussion. Bereits im Rahmen der Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex hatte die Kodex-Kommission 2018 vorgeschlagen, die reguläre Bestelldauer für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite auf drei Jahre zu verkürzen.
Nach heftiger Kritik, insbesondere von Vorständen und Aufsichtsräten großer Konzerne, mit dem wesentlichen Argument, dass Neuwahlen alle drei Jahre eine effektive Arbeit von Aufsichtsräten kaum zulassen und ein gutes Onboarding entsprechende Zeit erforderen würde, wurde dieser Punkt dann nicht in die neue Kodexfassung im Frühjahr 2019 aufgenommen.
Jetzt hat eine Reihe von internationalen Investoren aus dem angelsächsischen Raum in einem offenen Brief zu den geltenden deutschen Regeln für gute Unternehmensführung Kritik an der fünfjährigen Regel-Mandatsdauer geübt. Nach Ansicht dieser Investorengruppe sei eine solche Amtsperiode zu lang. Insbesondere für die DAX-30-Unternehmen wird gefordert, freiwillig die Amtszeit der von den Aktionären gewählten Aufsichtsratsmitglieder auf drei Jahre zu verkürzen. Damit solle, wie in vielen anderen Ländern, die Rechenschaftspflicht der Aufsichtsratsmitglieder und damit auch die Unternehmenstransparenz verbessert werden.
In einer Zeit, in der sich das Umfeld von Unternehmen, die strategischen Herausforderungen und damit letztlich auch die Anforderungen an die qualitative Zusammensetzung von Aufsichtsräten in immer kürzeren Zyklen verändern, geht diese Initiative in die richtige Richtung. Es muss seitens des Aufsichtsrats und der Anteilseigner möglich werden, in kürzeren Abständen als bisher zu überprüfen, ob die Profile der Anteilseigner im Aufsichtsrat noch den aktuellen Anforderungen entsprechen. Was in anderen Ländern längst Standard ist (bis hin zu einer jährlichen Amtszeit für Aufsichtsräte mit der Möglichkeit einer Wiederwahl), sollte auch in Deutschland ernsthaft erwogen werden – und nicht nur für DAX-30-Unternehmen. Über Differenzierungen, z. B. für nicht-börsennotierte Unternehmen, sollte dabei durchaus diskutiert werden. Es darf aber, vor allem im internationalen Kontext, nicht der Eindruck entstehen, dass deutsche Aufsichtsräte längere Zeit des Onboardings benötigen würden als Mandatsträger in anderen Ländern. Oder hat der massive Widerstand deutscher Konzernlenker gegen eine Verkürzung der Mandatsdauer von Aufsichtsräten damit zu tun, dass sie aufgrund vieler anderweitiger Verpflichtungen (Stichwort: Overboarding) nicht ausreichend Zeit für ein schnelleres Onboarding aufbringen können?
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel war 25 Jahre im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Er ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).
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