Qualifizierte Auswahl von Beiräten – Dr. Klaus Weigel
Zu Beginn ein Zitat: »Ein Beirat ist ein freiwilliges, zusätzliches, in der Regel kleines, auf Dauer angelegtes und nur gelegentlich tagendes Organ oder Gremium, das auf der obersten Führungsebene neben Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung angesiedelt ist und sowohl mit Gesellschaftern als auch mit Nicht-Gesellschaftern besetzt sein kann. Der Beirat kann viele Aufgaben wahrnehmen, die je nach Situation des Unternehmens individuell zu bestimmen sind. Er soll dem Unternehmen als Instrument zur Lösung bestimmter aktueller oder künftiger Probleme dienen. Zur Lösung dieser Probleme übt der Beirat sowohl Kontroll- als auch Beratungsfunktionen aus.« Diese Definition aus der Dissertation von Natascha Henseler (Bielefeld 2006) enthält alle wichtigen Aspekte, die bei der Errichtung eines Beirats zu bedenken sind.
Zunächst stehen Fragen der organisatorischen Einbindung in die Unternehmensstruktur, die Größe des Gremiums und seine Kompetenzen im Vordergrund. Vor allen Dingen aber muss klar sein, was der Beirat leisten soll und welches Rollenverständnis sich insofern ergibt. Diesen Erwartungen kann ein Beirat jedoch nur genügen, wenn er auch entsprechende Befugnisse hat. In der Praxis richten Unternehmen oft dann einen Beirat ein, wenn sie vor wichtigen Weichenstellungen stehen. Sie wollen sich in dieser Situation zusätzlicher Kompetenz und zusätzlichen Know-hows versichern.
Wichtig bei alledem ist die professionelle Besetzung des Gremiums. Externe Fachleute stellen heute schon in jedem zweiten Beirat die Mehrheit. Dabei ist auf eine gute Mischung aus unternehmerischen Persönlichkeiten, Erfahrungen und Fähigkeiten zu achten. Branchenkundige Insider können sich sinnvoll mit Personen ergänzen, die Expertise in anderen Industrien oder in Zukunftsmärkten haben. Entscheidend ist der Nutzen, den Beiratsmitglieder dank ihres Profils einbringen. Hier sind Kompetenzen in Finanzierungsfragen, in Restrukturierungsthemen oder hinsichtlich der Begleitung von Innovationsprozessen interessant.
In jüngsten Umfragen zeigt sich übereinstimmend, dass die Zahl der Unternehmen mit einem freiwilligen Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium zuletzt nachhaltig stieg. Inzwischen dürfte gut die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen einen Beirat haben. Dabei zeigt sich auch, dass der Anteil der Firmen mit einem Beirat mit dem Umsatz steigt. Ebenso mit der Zahl der Gesellschafter und mit dem Alter der Unternehmergeneration. Größere Umsätze gehen mit mehr Komplexität einher, oft auch mit einer breiteren Produktpalette und einer zunehmenden Internationalität von Lieferanten und Kunden. Diese Dinge scheinen neben dem Generationswechsel die Hauptgründe für die Etablierung eines Beirats zu sein.
Auch hinsichtlich der Zahl der Beiratsmitglieder stellt die Unternehmensgröße einen Einflussfaktor dar. Empirische Studien zeigen, dass über 70 % der freiwilligen Beiräte drei bis fünf Mitglieder haben. Erst bei Unternehmen mit mehreren hundert Millionen EuroUmsatz sind häufiger Beiräte mit mehr als fünf Mitgliedern zu finden.
Laut dieser Studien ist die Beiratsvergütung mit den wachsenden Anforderungen und Erwartungen an die Beiräte gestiegen, liegt aber für ein einfaches Beiratsmitglied selbst bei Betrieben mit bis zu 250 Mio. Euro Umsatz in Deutschland im Schnitt unter 20.000 Euro im Jahr. Dabei gibt es deutliche Differenzierungen. Die Beiratsvorsitzenden werden wie meist auch ihre Stellvertreter deutlich besser honoriert als einfache Beiratsmitglieder. Hier gilt häufig der Faktor 2 und für den Stellvertreter der Faktor 1,5. Beides führt dazu, dass Beiratsvorsitzende in Unternehmen, die über 500 Mio. Euro Umsatz machen, in über 80 % der Fälle eine Jahresvergütung von mehr als 30.000 Euro erhalten. Zudem werden Mitglieder in Beiräten mit Zustimmungskompetenzen deutlich besser bezahlt als in reinen Beratungsgremien. Schließlich liegen die Vergütungen in produzierenden Unternehmen signifikant höher als in Dienstleistungsunternehmen, wobei auch hier das Komplexitätsargument sicher wieder den Ausschlag gibt.
Jeder Beirat sollte verschiedenes Knowhow versammeln. Die Mitglieder haben außer ihrer persönlichen, fachlichen und sozialen Kompetenz auch Zeit einzubringen, um dem Unternehmen zur Verfügung zu stehen. Sämtliche Unterlagen und Informationen sind selbstverständlich vertraulich zu behandeln. Allen Aufgaben ist mit größter Sorgfalt nachzugehen. Außerdem ist die Unabhängigkeit zumindest seiner meisten Mitglieder wichtig für die Funktionalität des Gremiums. De facto aber finden sich in Beiräten immer noch Vertreter der Kreditwirtschaft und beratender Berufe. Wenn deren Häuser auch noch eine wesentliche Geschäftsbeziehung zum Betrieb unterhalten, ist die Unabhängigkeit zu hinterfragen.
Im Übrigen darf auch die nachträgliche Neubesetzung eines Beirats kein Tabu sein. Bisweilen machen Veränderungen im Umfeld des Unternehmens die Neuausrichtung nötig. Gesellschafterwechsel, Wachstumsphasen und die Internationalisierung sollten sich in der Struktur des Beirats abbilden.
Tatsächlich bedienen sich Unternehmer bei der Auswahl von Beiratsmitgliedern unverändert gern ihres Netzwerks, was Interessenskonflikte auslösen kann. Ausgewiesene Spezialdienstleister erweitern das Kandidatenspektrum nachhaltig. Gute Beiratsmitglieder drängen sich auch nicht auf, sondern wollen wirklich »ausgewählt« werden.
Dr. Klaus Weigel, Geschäftsführender Gesellschafter der WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg v. d. Höhe
Erschienen in: Unternehmermagazin, 01.02.2011