Finanzexpertise im Beirat – Dr. Klaus Weigel
Wenn in diesen Tagen über Kreditfinanzierungen gesprochen wird, klagen mittelständische Unternehmer oft über die Zurückhaltung ihrer Banken. Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Finanzierungsformen wie Leasing, Mezzanine oder Beteiligungskapital zunehmend an Bedeutung. Ist es da nicht ratsam, seinen Beirat mit einem Finanzierungsfachmann zu verstärken?
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) schreibt ihn inzwischen vor: Den unabhängigen Finanzexperten im Aufsichtsrat. Nach § 100 Abs. 5 AktG müssen kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne von § 264d HGB, also insbesondere börsennotierte Aktiengesellschaften, mindestens ein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat haben, das über »Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung « verfügt. Allerdings lässt die Formulierung im Gesetz erhebliche Interpretationsspielräume zu. Insofern ist zu erwarten, dass es zu Diskussionen und Anfechtungsklagen kommt, ob vorgeschlagene oder von der Hauptversammlung gewählte Aufsichtsratsmitgliederwirklich über den geforderten Sachverstand auf den Feldern Rechnungslegung und Abschlussprüfung verfügen.
Zu einer ersten Anfechtungsklage gegen einen solchen Hauptversammlungsbeschluss liegt bereits eine Entscheidung des Landgerichts München vor, das in diesem Präzedenzfall die Interpretationsmöglichkeiten des §100 Abs.5 AktG zu Gunsten des Unternehmens ausgeschöpft hat.
Das klassische Pendant zum Aufsichtsrat in Aktiengesellschaften ist in familiengeführten Unternehmen mit anderer Rechtsform der Beirat. Die Zahl der Unternehmen, die ein freiwilliges Kontroll- und Aufsichtsorgan als Instrument guter Unternehmensführung (»Good Governance«) einsetzen, nimmt weiter zu, wobei natürlich auch im inhabergeführten Mittelstand über das Profil und die Qualifikationen von Beiratsmitgliedern intensiv nachgedacht wird.
Wichtig für den Erfolg ist die professionelle Formation des Gremiums. Beiräte leben von ihrer guten Mischung unternehmerischer Persönlichkeiten mit Menschen, die weitere wertvolle Erfahrungen und Fähigkeiten besitzen. Insofern sollte sich die einschlägige Branchenexpertise mit Wissen und Können auf anderen Gebieten ergänzen. Bei alledem entscheidet immer der Nutzen, den Beiratsmitglieder dank ihres beruflichen Werdegangs in dieser Funktion einbringen.
Laut einer jüngst veröffentlichten Umfrage der KfW beklagen zahlreiche Firmen in Deutschland ausgerechnet jetzt, im moderaten Aufschwung, gravierende Probleme mit ihren Finanzierungen. Dies gilt über alle Größenklassen hinweg, vor allem aber für kleinere Unternehmen, obwohl bislang keine flächendeckende Kreditklemme besteht. Da sich die Kreditgeber gegenwärtig reserviert zeigen, stehen die Finanzierungsfragen bei den Unternehmen oben auf der Agenda. Nach der massiven Zurückhaltung im Jahr 2009 gibt es wieder Pläne für Neuinvestitionen und entsprechenden Kapitalbedarf. Dabei könnten die Banken bei der Kreditvergabe angesichts ihrer Eigenkapitalausstattung, angesichts eventueller Verschlechterungen des Ratings und höherer Ausfallrisiken auf der Unternehmensseite zögerlich bleiben.
Insofern wäre ein Finanzexperte gerade in Beiräten familiengeführter Unternehmen zweckmäßig, um diese Engpässe zu überwinden. Die profunde Kenntnis alternativer Finanzierungsinstrumente kann Spielräume eröffnen, die mangels Know-how bislang nicht in Betracht gezogen wurden. Das Beiratsmitglied kann den Unternehmer oder die Geschäftsführung ermuntern, sich aktiv mit neuen Finanzierungsvarianten auseinanderzusetzen und Voraussetzungen dafür zu schaffen. Es ist in der Lage, die Vorteile und Nachteile aufzeigen, um Entscheidungen voranzubringen. Und es kann mit seinen Marktkenntnissen den Kontakt zu Anbietern neuartiger Finanzierungsinstrumente knüpfen. Und das kundige Beiratsmitglied ist eine Vertrauensperson, die Finanzierungspartnern einen zügigen Finanzierungsprozess garantiert. Sein Renommee ermöglicht damit dem Unternehmen Zugang zu attraktiven neuen Finanzierungsformen.
In kleineren und mittleren Familienunternehmen sind die Rechnungslegung und das Controlling oft weniger zeitgemäß ausgestaltet als die Produktentwicklung und die Technologie. Letztere sind in der Regel die Basis der Gründung gewesen und sie dominieren lange Zeit die internen Strukturen. Ein Finanzexperte, der aus einem größeren Unternehmen kommt und dort im Finanz und Rechnungswesen professionelle Strukturen geschaffen hat, kann mit seinen speziellen Kenntnissen helfen, den Nachholbedarf zu beheben. Auch das stärkt letztlich das Vertrauen von Finanzierungspartnern in den Betrieb und schafft neue Spielräume
Ein Finanzfachmann im Beirat ist zudem der beste Sparringspartner des CFO. Er sollte daher viel von Rechnungslegung und von Risikomanagement verstehen. Darüber hinaus sollte er mit Finanzierungsinstrumenten vertraut sein und wissen, von wem sie zu haben sind. In kapitalmarktorientierten Unternehmen sind außerdem Erfahrungen mit effektiver Finanzkommunikation willkommen. Je nachdem, wo genau die Finanzexpertise im Beirat Know-how im Haus Dr. Klaus Weigel Geld als kostbares Gut • Schwierige Bankgespräche spezifischen Herausforderungen eines Unternehmens liegen, eignen sich daher ein erfahrener Wirtschaftsprüfer oder ein (ehemaliger) CFO als Finanzexperte im Beirat.
Ein mit Finanzierungsexpertise qualifiziert besetzter Beirat sollte deshalb auch von Familienunternehmen als Chance verstanden werden. Mit Fachleuten aus wichtigen Funktionsbereichen richtig zusammengesetzt, ist der Beirat ein strategisches Instrument der Zukunftssicherung des Betriebs, das mit dazu dient, unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Auch Familienunternehmen sollten sich daher exzellenter Leute versichern. Umso mehr, als ein gut besetzter Beirat eine fast unschlagbar günstige Kosten-Nutzen-Relation besitzt.
Dr. Klaus Weigel, Geschäftsführender Gesellschafter WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg v. d. Höhe.
Erschienen in: Unternehmermagazin 4/2010