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Qualifizierte Auswahl von Beiträgen – Dr. Klaus Weigel


In unserer Beratungs- und Vermittlungspraxis werden wir immer wieder mit Beiräten konfrontiert, die in ihrer Mehrheit Mitglieder mit potentiellen Interessenkonflikten haben. Dies betrifft im Wesentlichen vier Personengruppen, deren besondere Merkmale im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit als Beirat kritisch zu betrachten sind. Diesbezüglich gilt grundsätzlich, dass ein Beirat als unabhängig zu betrachten ist, wenn der Mandatsträger in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zur Gesellschaft und zu ihrer Geschäftsleitung steht, die einen Interessenkonflikt begründen kann. Dabei ist zwischen persönlicher und finanzieller Unabhängigkeit zu unterscheiden.

Geschäftspartner/Kunden

Kaum eine andere Kandidatengruppe hat so qualifizierte Branchenkenntnisse wie die Lieferanten und die Kunden des Unternehmens. Aus solchen Geschäftsbeziehungen erwachsen jedoch potentielle Interessen- und Loyalitätskonflikte, die gegen die Einbeziehung in einen Beirat sprechen, da nolens volens Anreize bestehen, den durch die Beiratstätigkeit gewonnenen Einfluss auf das Unternehmen nicht nur zur Sicherung und zum Ausbau der geschäftlichen Verbindung zu nutzen, sondern auch für eigene wirtschaftliche Interessen. Gegen Kunden und Lieferanten in einem Beirat spricht auch, dass diese Marktteilnehmer mit dem Unternehmen sowie zueinander womöglich in Konkurrenzverhältnissen stehen. Dies könnte dazu führen, dass bestimmte Interna in diesem Beirat nicht ansprechbar bleiben, um diese Dritten nicht zu tief schauen zu lassen. Zudem würden andere Geschäftspartner verprellt, die befürchten müssten, schlechter informiert zu sein als die im Gremium vertretene Konkurrenz.

Berater

Die vom Unternehmen mandatierten Berater kennen die Interna bereits, so dass der Kreis der Vertrauten eng begrenzt gehalten werden kann. Aber auch hier besteht die latente Gefahr, dass die Beiratstätigkeit von den lukrativen Geschäftsverbindungen überlagert wird, so dass keine volle Unabhängigkeit gegeben ist. Ein Beirat sollte kritische Distanz halten. Nur so sind Entscheidungen und Projekte im Sinne des Unternehmens objektiv und konstruktiv zu beurteilen. Berater könnten sich aus Sorge um ihr Mandat mit Kritik zurückhalten. Eventuell würden sie gar im Beirat mit Fehlentwicklungen konfrontiert, an denen sie zuvor als externer Berater mitgewirkt haben. Da sie al so im Rahmen ihrer normalen Aufträge eingebunden sind, besteht keine Notwendigkeit, sie zusätzlich in den Beirat zu holen.

Bankenvertreter

Auch für Bankenvertreter gelten die genannten prinzipiellen Vorbehalte bezüglich ihrer Unabhängigkeit und Neutralität, wenn ihr Arbeitgeber eine wesentliche Geschäftsbeziehung zum Betrieb unterhält. Grundsätzlich sollten Kreditgeber aber auch aus anderen guten Gründen keine Beiratsmitglieder sein. Bankenvertreter haben viele, vor allem aber teilweise auch gegenläufige Interessen und Verpflichtungen. Außerdem sind bei strategischen Unternehmensentscheidungen langjährige tiefe Branchenkenntnisse gefragt, die in der Praxis viel eher von Industrieexperten geboten werden. Hinzu kommt, dass sich heute immer deutlichere Interessengegensätze von Banken und Unternehmen zeigen, so dass die Aufnahme eines Vertreters der Hausbank zu bedenken hätte, dass im Beirat intime Details über das Unternehmen zu besprechen sind. Folglich sollte man Finanz-Know-how lieber durch einen erfahrenen Experten aus einem anderen Unternehmen darstellen.

Freunde des Unternehmers

Die Auswahl von Beiratsmitgliedern aus dem privaten Umfeld wird sehr viel Loyalität, Motivation und Integrität bedeuten. Seine Vertrauten kennen die Werte und Ziele des Unternehmers. Indessen sind die Befangenheit und die fehlende persönliche Unabhängigkeit zu reflektieren. Dieser Personenkreis könnte zu falsch ausgeübter Zurückhaltung neigen, um die menschliche Beziehung nicht etwa durch sachlichen Dissens zu gefährden. Das private Umfeld eignet sich daher nur im Ausnahmefall für die Vergabe von Beiratsmandaten. Zudem gilt auch hier, dass der Unternehmer den Rat seiner Freunde ja auch so einholen kann, so dass die Privatsphäre und die Unternehmenssphäre getrennt bleiben sollten. Im Ergebnis sollte sich die Auswahl von Beiräten an ihrer unternehmerischen Qualifikation und am konkreten Bezug zum Gegenstand der Firma orientieren. Nur wer die Rahmenbedingungen eines Betriebs wirklich kennt, kann adäquat Rat und Orientierung geben. Praxisbezug ist völlig unverzichtbar, wenn es um Unternehmensstrategien geht. Mitglieder der Beiräte von Familienunternehmen sollten mit den hohen ethisch-moralischen Standards und anderen Spezifika vertraut sein und am besten selbst ein Familienunternehmen führen oder bis vor kurzem geführt haben. Wichtig ist auch, die Suchprofile für Beiratsmitglieder einvernehmlich zu erarbeiten. Erst dann kann die Kandidatenansprache emotionsfrei beginnen. Insofern sollten sich Gesellschafter und Geschäftsleitung auch auf einen gemeinsamen Berater für den Besetzungsprozess einigen. Jede quotale Aufteilung der Beiratssitze auf Interessengruppen generiert Konfliktpotential. Später sind externe Audits der Konfiguration und der Arbeit des Beirats sinnvoll. Ziel muss sein, echte Expertengremien zu schaffen, die in der Lage sind, die Geschäftsführung in der Erreichung ihrer Ziele optimal zu fördern und zu kontrollieren.

Dr. Klaus Weigel, Geschäftsführender Gesellschafter der WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg v. d. Höhe

Erschienen in: Unternehmermagazin, 9/10 2011