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Bei größeren M&A-Transaktionen ist regelmäßig die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.

Der Trend zur Internationalisierung deutscher Familienunternehmen hält weiter an. Dabei werden auch strategische Unternehmenskäufe getätigt. Dem Aufsichtsrat kommt dabei eine maßgebliche Rolle bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu.

Entsprechend der Aufgabenverteilung hat der Vorstand oder die Geschäftsführung die Gesellschaft operativ zu leiten und der Aufsichtsrat die Aktivitäten der Unternehmensleitung zu überwachen. Dies betrifft auch den Prozess der Strategieentwicklung, wo der Aufsichtsrat zum strategischen Sparringspartner des Vorstands wird. Aber auch bei der Umsetzung von unternehmensstrategischen Entscheidungen ist der Aufsichtsrat gefordert, insbesondere wenn es um M&A-Prozesse geht. Bei größeren M&A-Transaktionen ist regelmäßig die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich. Insofern helfen Aufsichtsräte als Sparringspartner und Impulsgeber, notwendige Transformationsprozesse in Gang zu bringen, aber auch mögliche Risiken und Unwägbarkeiten von M&A-Prozessen entscheidend zu reduzieren.

M&A-Expertise im Aufsichtsrat

Neben den regulatorischen Voraussetzungen, die unter anderem das Aktiengesetz, der Corporate-Governance-Kodex, die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung sowie die unternehmensspezifische Governance regeln, ist auch die Arbeitsweise und Zusammensetzung von Kontroll- und Aufsichtsgremien für die Begleitung von M&A-Prozessen wichtig. Da der Aufsichtsrat bei großen M&A-Transaktionen seine explizite Zustimmung geben muss, erfordert dies eine intensive Beschäftigung des Gremiums mit der anstehenden Transaktion. Nur wenn dafür die notwendige Expertise im Aufsichtsrat vorhanden ist, kann er diese wichtige Aufgabe auch adäquat erfüllen. Insofern ist schon bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern darauf zu achten, dass auch diese Kompetenz vertreten ist. Aufsichtsratsmitglieder begeben sich in die Gefahr einer persönlichen Haftung, wenn sie ihre Entscheidung über M&A-Transaktionen auf der Basis unvollständiger rechtlicher und/oder wirtschaftlicher Informationen treffen. Zwar wird Vorstand und Aufsichtsrat ein Handlungsspielraum im Rahmen der sogenannten Business Judgement Rule zugebilligt. Ein mögliches Haftungsrisiko kann aber nur dann vermieden werden, wenn die Entscheidungen auf der Basis ausreichend gesicherter Grundlagen getroffen und detailliert dokumentiert werden.

Einschaltung von Beratern

Aufsichtsratsmitgliedern ist daher stets zu empfehlen, dass sie über die ihnen vom Vorstand zur Verfügung gestellten Unterlagen hinaus zusätzliche Informationen einholen. Dies gilt insbesondere, wenn sich aus den Unterlagen des Vorstands kein vollständiges Bild über die anstehende M&A-Transaktion ergibt oder Anhaltspunkte für mögliche Interessenkonflikte bei Vorstandsmitgliedern oder bei sonstigen in den M&A-Prozess involvierten Personen gegeben sind. Insbesondere in solchen Fällen kann es ratsam sein, dass der Aufsichtsrat von sich aus einen externen Gutachter einschaltet. Dies gilt auch, wenn bei Aufsichtsratsmitgliedern individuelle Fachkenntnisse für den spezifischen Fall fehlen oder schlicht die eigentlich erforderliche Zeit nicht zur Verfügung steht, um sich in eine komplexe Situation einzuarbeiten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung gestattet es in solchen Situationen unter bestimmten Voraussetzungen, auf interne bzw. externe Berater mit der Folge einer Haftungsbefreiung für das Organ zurückzugreifen, selbst wenn sich die Stellungnahme später als fehlerhaft erweisen sollte. Dabei ist allerdings notwendig, dass bei der Auswahl eines Beraters auf dessen Unabhängigkeit und die für die zu klärende Frage notwendige Qualifikation unbedingt geachtet wird. Außerdem muss das beauftragende Organ die Stellungnahme zwingend einer eigenen Plausibilitätskontrolle unterziehen, um eine potenzielle Haftungsbefreiung zu erreichen.

FAZIT

Solange eine unternehmerische M&A-Entscheidung auf ausreichend gesicherten Entscheidungsgrundlagen in Form von umfassenden rechtlichen und wirtschaftlichen Informationen basiert, minimiert sich aufgrund der Business Judgement Rule auch das Risiko einer Haftung für den Aufsichtsrat. Daher ist es wichtig, dass gerade auch bei M&A-Transaktionen der Aufsichtsrat seinen Prüfungsverpflichtungen nachkommt und sein Handeln akribisch dokumentiert.

ZUR PERSON

Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für verschiedene Banken im Corporate-Finance- und Private- Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).

Erschienen in: „Unternehmeredition Ausgabe 4 – 2016“