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Ein „Weiter-so-wie-bisher“ ist für die meisten Unternehmen nicht mehr realistisch. Die Anforderungen, die sich aus der Digitalisierung von Geschäftsprozessen ergeben, aber auch die Internationalisierung der Leistungserstellungen und der Kundenbeziehungen bringen mit sich, dass die Rolle des Aufsichtsrats neu definiert werden muss. Die Covid-19-Pandemie wirkt in vielen Fällen wie ein Vergrößerungsglas und verdeutlicht Schwachstellen.

Corona ist nur eines von mehreren Themen, mit denen sich die operative Führung von Unternehmen und der Aufsichtsrat derzeit gerade auch unter dem Aspekt einer guten Corporate Governance befasst. So müssen sich Aufsichtsräte etwa intensiv in die Diskussion einbringen, welche Chancen und Risiken mit einer stärkeren Digitalisierung der Geschäftsprozesse und des Geschäftsmodells einhergehen. Hinzukommen etwa Themen der Datensicherheit und der Schutz von Unternehmen vor Cyberangriffen. So gilt es, gesicherte Datenräume zu schaffen, die verhindern sollen, dass geschäftskritische Daten aus der vertraulichen Kommunikation zwischen der operativen Geschäftsführung und dem Aufsichtsgremium in unbefugte Hände geraten. Auch müssen sich Vorstände und Aufsichtsräte künftig intensiver damit auseinandersetzen, was den Wert eines Unternehmens beeinflusst. Neben traditionellen Kriterien wie Cash-Flow und Ertragskraft gilt es mehr und mehr, Aspekte wie Ökologie, Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und soziale Verantwortung zu beachten. Diese Kriterien, die verstärkt unter dem Kürzel ESG gerade auch von institutionellen Investoren hinterfragt werden, spielen eine immer wichtigere Rolle und gehören daher auch auf die Agenda von Aufsichtsräten.

Bestand in Deutschland bislang die Arbeitsteilung: Vorstand agiert, Aufsichtsrat kontrolliert, muss diese nunmehr modifiziert werden. Aufsichtsräte sollten sich künftig mehr in die Entwicklung und Umsetzung der Geschäftsstrategie der Unternehmen einbringen. Dazu müssen sie über entsprechende Kompetenzen verfügen und diese permanent weiterentwickeln. Nur dann sind sie in der Lage, entsprechende Impulse für die Weiterentwicklung eines Unternehmens in einem sich stetig verändernden wirtschaftlichen und sozialen Umfeld zu geben. Ein weiteres Thema, mit dem sich auch der Aufsichtsrat vermehrt befassen muss, ist die Anpassung der Arbeitswelt vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung. So hat die Covid-19-Pandemie gezeigt, dass sich in vielen Unternehmen stärker als bislang gedacht Tätigkeiten der Mitarbeiter ins Homeoffice verlagern lassen. In diese Diskussion, wo in den Unternehmen künftig flexiblere Arbeitsmodelle unter Berücksichtigung von Compliance-Vorgaben und Corporate Governance-Regeln umgesetzt werden können, muss sich auch der Aufsichtsrat einbringen. Dazu bedarf es aber auch entsprechender Kompetenz in der Zusammensetzung des Gremiums.

Es gilt daher künftig, dass es bei der Arbeit von Aufsichtsräten weniger um Kontrolle und kleinteiliges Denken, sondern vielmehr um den Austausch von strategischen Ideen zwischen der operativen Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat und den Gesellschaftern bzw. Investoren geht. Der Aufsichtsrat als strategischer Sparringspartner: Dieser Rolle gehört die Zukunft. So können sich schließlich sowohl Kapitalmarkt- als auch Familienunternehmen im globalen Wettbewerb weiter behaupten.

Zum Autor:

Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel war 25 Jahre im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Er ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).

E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de