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von Dr. Klaus Weigel/Board Xperts GmbH

Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland in den vergangenen Jahren ist u. a. auf die starke Exportorientierung vieler Unternehmen – gerade auch von mittelständischen Familienunternehmen – zurückzuführen. Das internationale Marktumfeld verändert sich aber ständig durch den Eintritt neuer Mitbewerber, neue Technologien, politische Ereignisse und die immer kürzeren Marktzyklen von Produkten und Leistungen.

Das stellt gerade familiengeführte Unternehmen vor immer neue Herausforderungen und erfordert das rechtzeitige Erkennen von möglichen Anfälligkeiten. Hinzu kommt: Mit jedem Generationswechsel wächst in Familienunternehmen im Regelfall auch die Zahl der Personen, die im Unternehmen tätig oder mit ihm verbunden sind. Große Gesellschafterkreise sind komplexe Angelegenheiten, aus denen sich häufig delikate Konstellationen ergeben können. Wie löst man solche Situationen, ohne dass das Unternehmen oder der Gesellschafterfrieden Schaden nimmt?

In solchen Situationen kann ein auch mit unabhängigen Persönlichkeiten besetzter Beirat bzw. Aufsichtsrat entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen. Dabei geht es etwa um folgende Fragen: Wie soll sich das Unternehmen künftig positionieren? Welche Produkte kann es anbieten, welche können neu entwickelt werden? Mit welchen Partnern kann es kooperieren, und welche Abhängigkeiten entstehen mittel- bis langfristig daraus? Welche Finanzierungsstrategien können eingesetzt werden? Muss das Unternehmen Restrukturierungen einleiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

Ein Beirat bzw. Aufsichtsrat bietet die einmalige Chance, externe Know-how-Träger mit eigener unternehmerischer Erfahrung in das Unternehmen einzubinden. Dabei ist ein Beirat in Familienunternehmen in der Regel kein juristisches Organ, sofern nicht die Rechtsform bzw. die Größe eines Unternehmens einen Aufsichtsrat vorschreibt. Diesem Gremium können daher individuell bestimmte Beratungs- und Überwachungsfunktionen übertragen werden.

Beiräte bzw. Aufsichtsräte bringen etwa bei Fragen zur strategischen Neupositionierung eine unabhängige Sichtweise ein. Sie stellen damit zusätzliches externes Know-how zur Verfügung, um Risiken zu verringern und grobe Fehler zu vermeiden. Über die Mitglieder im Aufsichtsrat oder Beirat können aber auch neue Kontakte und Netzwerke erschlossen werden.

Die Aufgaben und Kompetenzen eines Beirats in Familienunternehmen sind frei gestaltbar. Um dabei die Familieninteressen zu wahren, müssen frühzeitig die Ziele und Wertevorstellungen der Inhaberfamilie und die entsprechenden Rahmenbedingungen festgelegt werden – die sogenannte „Family Governance“.

Nachfolgend einige Empfehlungen aus der Praxis, damit der Beirat für Familienunternehmen zum Erfolg führen kann:


  • Bei der Suche nach Beiräten stehen unternehmerische Kompetenzen, Integrität und Loyalität sowie das zu erwartende Engagement im Vordergrund. Beiratsmitglieder müssen materiell, emotional und persönlich unabhängig sein.
  • Ein Beiratsmitglied muss ausreichend Zeit mitbringen können, um sich gewissenhaft mit den relevanten Themen in einem Unternehmen zu befassen. Der zeitliche Aufwand hat zuletzt deutlich zugenommen.
  • Einen Beirat mit dem Unternehmen nahestehenden Beratern zu besetzen, kann zu Interessenkonflikten führen. Beratern fehlt häufig auch operative Erfahrung in der Branche.
  • Die Vergütung der Beiratsmitglieder sollte den Anforderungen, die an sie gestellt werden, entsprechen. Hier sollte die Richtschnur die Vergütung von qualifizierten Beratern oder auch Geschäftsführern in Relation zu ihrem zeitlichen Einsatz sein.
  • Mitglieder von Beiräten, die keine operative Verantwortung mehr tragen, sollten in jedem Fall die Anforderungen des Marktumfeldes kennen. Prominenz sollte dabei für die Besetzung von Aufsichtsgremien kein Kriterium sein.

Ein hochqualifiziert besetzter Beirat oder Aufsichtsrat mit klarer Aufgabenstruktur hilft unternehmerisches Vermögen zu erhalten bzw. zu mehren. Allerdings greifen Unternehmer immer noch vorwiegend auf das eigene Umfeld zurück; Interessenkonflikte sind dabei kaum zu vermeiden. Externe Berater werden dabei immer häufiger über die Einschaltung darauf spezialisierter Dienstleister gewonnen, die den Kreis qualifizierter Kandidaten erweitern. Gute Beiratsmitglieder drängen sich nicht auf, sie wollen „gesucht und gefunden“ werden. In jeden Fall sollte man sich für die Auswahl der Mitglieder eines Beirats mindestens so viel Zeit nehmen, wie für die Ausarbeitung der entsprechenden Geschäftsordnung.

Zum Autor:

Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD) und gehört er seit vielen Jahren dem Unternehmerbeirat der Oskar-Patzelt-Stiftung an.

E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de