Häufig werden familiengeführte bzw. familiengeprägte Betriebe gegenüber börsennotierten Konzernen als die „besseren“ Unternehmen angesehen. Dabei wird unterstellt, dass ein starker Familienverbund ein langfristig denkender Eigentümer sei und damit anders agiere als eine anonyme Gruppe von Aktionären oder ein reiner Finanzinvestor mit kurzfristigem Ertragsdenken.
Unternehmerfamilien, so die landläufige Meinungen, denken dagegen „in Generationen“. Sie zeigen eine hohe Identifikation mit ihren Unternehmen und geben ihnen ein Gesicht nach außen. Und sie tragen das unternehmerische Risiko. Diese „heile Welt“ wird aber immer wieder durch Berichte über zerstrittene Unternehmerfamilien gestört. Gesellschafterkonflikte können für ein Unternehmen durch das Blockieren von wichtigen Entscheidungen Stillstand bedeuten – und damit existenzbedrohend sein.
Unternehmensinteresse „first“
Es muss oberstes Ziel sein, das Unternehmen, das ja zugleich auch einen beträchtlichen Teil des privaten unternehmerischen Vermögens darstellt, vor derartigen Bedrohungen zu schützen. Das (langfristige) Unternehmensinteresse muss im Vordergrund stehen, nicht Partikularinteressen von Gesellschaftern. Manchmal tun sich Unternehmerfamilien schwer mit der Erkenntnis, dass sie selbst Teil des Problems sind. Dann sind Personen notwendig, die als neutrale und erfahrene Ratgeber das Unternehmen vor einem möglicherweise existenzbedrohenden Stillstand oder falschen Entscheidungen bewahren können.
Immer mehr mittelständische Unternehmen erkennen dies und reagieren darauf unter anderem mit der Etablierung eines qualifiziert besetzten Beirats. Solche Beiräte sollten aber nicht nur mit Personen aus dem eigenen Umfeld („friends and family“), sondern vielmehr mit unabhängigen Unternehmerpersönlichkeiten besetzt werden, die ihre eigenen Erfahrungen in diese Gremien einbringen können. Gute Unternehmensführung bedeutet dann aber auch festzulegen, wie wesentliche Entscheidungen in einem Unternehmen getroffen werden und welche Kompetenzen in Form zustimmungspflichtiger Geschäfte von den Gesellschaftern auf einen Beirat übertragen werden sollen. Dies kann etwa in einer Family Governance geregelt werden.
Besetzung eines Beirats
Die Besetzung des Beirats ist unter anderem sehr stark von der Kultur innerhalb der Gesellschafterfamilie abhängig. Der Grad der Diskussion, den die Gesellschafter über wichtige Fragen der Geschäftsentwicklung und der Zukunft des Unternehmens zulassen, spiegelt sich letztlich in der Zusammensetzung des Beirats wider. Manchmal schaffen es nur Unternehmen, bei denen eine klare Trennung von Management und Eigentum erfolgt ist, ihre Beiräte wirklich mit externen unabhängigen Experten zu besetzen. Diese können dann die Geschäftsführung bei der Umsetzung von Strategien aktiv unterstützen, aber zugleich auch die Anteilseigner beraten und zwischen den Parteien im Konfliktfall moderieren.
Damit Beiräte auch ihren ganzen Nutzen entfalten und effizient arbeiten können, geben wir nachfolgend einige Anregungen für die Aufstellung eines guten Beirats aus unserer Beratungspraxis:
- Ein Beirat sollte frühzeitig und zielbewusst eingesetzt werden. Die Gesellschafter und die operativ verantwortlichen Geschäftsführer sind in die Vorbereitungen mit einzubinden. Ihre Erwartungen an die Arbeit eines Beiratsgremiums sind vorab möglichst präzise zu definieren.
- Dem Beirat sollten ausreichende Kompetenzen seitens der Gesellschafter übertragen werden. Dies hängt u. a. auch von den spezifischen Umständen jedes Unternehmens ab. Dabei gilt es einen passenden Mittelweg zu finden, denn für einen „zahnlosen“ Beirat werden sich selten hochkarätige Mitglieder gewinnen lassen. Andererseits sollten aber auch die operativen Entscheidungsspielräume der Geschäftsführer nicht zu sehr eingeschränkt werden. Die Gesellschafter allein entscheiden stets über die Existenz und die Zusammensetzung eines Beirats.
- Für die Besetzung eines Beirats kommen ausschließlich Personen mit einer entsprechenden Qualifikation in Frage. Bevor man über Personen spricht, sollten vorab aus den strategischen Zielen des Unternehmens abgeleitete Anforderungsprofile und eine entsprechende Kompetenzmatrix für den gesamten Beirat definiert werden. Lieber einen Beirat mit wenigen, aber hochqualifizierten Personen besetzen und diese dann auch angemessen bezahlen.
- Für die Arbeit des Beirats müssen professionelle Arbeitsstrukturen und passende organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dabei gilt es vor allem auch, die Möglichkeiten des digitalen Austauschs für die Arbeit des Beirats zu nutzen. Dieses Potential erleben gerade in diesen Wochen viele Beiratsgremien.
- Die professionelle Zusammensetzung des Beirats sowie die regelmäßige und kritische Überprüfung seiner Arbeit erhöht dessen Effizienz. Die Einbeziehung von neutralen Dritten in diese Diskussion kann durchaus sinnvoll sein. Auf jeden Fall gilt es, die Zusammensetzung und die Arbeit des Beirats an sich verändernde Umstände immer zeitnah anzupassen. Das gilt etwa für die aktuellen besonderen Herausforderungen, mit denen die Unternehmen und ihre (künftigen) Geschäftsmodelle durch die aktuelle Corona-Pandemie konfrontiert werden.
Fazit
Die professionelle Zusammensetzung und Arbeit eines Beirats ist ein immer wichtiger werdendes Entscheidungskriterium auch für Eigen- und Fremdkapitalgeber. Dies gilt unabhängig von der Unternehmensgröße. Diese Investorengruppen haben ihre Anforderungen an die Professionalität der Mitglieder im Kontroll- und Aufsichtsgremium in den vergangenen Jahren deutlich angehoben. Nur wenn der Beirat zugleich Kontrolleur und strategischer Sparringspartner der Geschäftsführung ist, kann er das Unternehmen im Sinne der Gesellschafter und der übrigen Stakeholder nachhaltig weiterentwickeln.
Ein hochqualifiziert besetzter Beirat ist also ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft und hilft, unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Dabei können die Gesellschafter entweder qualifizierte Persönlichkeiten selber identifizieren und ansprechen. Oder aber sie bedienen sich von auf diesem Gebiet spezialisierten Beratern mit entsprechenden personellen Netzwerken. Professionelle Dienstleister erweitern den Kreis qualifizierter Beiratskandidaten. Auf jeden Fall sollte man sich für die Auswahl der Mitglieder eines Beirats genügend Zeit nehmen, damit der Beirat nicht zum Beiwerk wird.
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für verschiedene Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).
E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de