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Kürzer werdender Planungshorizont im Alter birgt Gefahren für den Unternehmenswert

Geht dem Mittelstand die Luft aus?  So titelte die FAZ am vor kurzem mit Bezug auf eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). Die Wissenschaftler hatten darin festgestellt, dass die Innovationsbereitschaft der größeren mittelständischen Unternehmen in Deutschland spürbar abnehme.

Nachlassende Innovationsbereitschaft mit zunehmendem Alter der Unternehmer

Laut IW führten im Jahr 2015 nur noch etwa zwei Drittel der Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitern regelmäßig neue Prozesse bzw. Produkte ein. Fünf Jahre vorher sollen es noch gut drei Viertel gewesen sein. Ein Grund neben anderen (z. B. Wirtschaftspolitik, steuerliche Aspekte oder Bürokratie) sei dabei der demographische Wandel. So sei mittlerweile jeder dritte Inhaber von mittelständischen Unternehmen 56 Jahre oder älter. Der Anteil dieser Altersgruppe unter den Inhabern wäre damit in den vergangenen 15 Jahren vier Mal so stark gestiegen wie in der Gesamtbevölkerung!

Gleichzeitig geht die Zahl nachrückender Existenzgründer, die eine qualifizierte Nachfolge antreten könnten, seit Jahren zurück. Dies zeigte zuletzt eine Sonderstudie des KfW-Mittelstandspanels. Die Alterung im deutschen Mittelstand hat aber noch eine andere Auswirkung. Mit zunehmendem Alter sinkt also nicht nur die Innovationsbereitschaft, sondern auch die Investitionsbereitschaft von Familienunternehmern deutlich. Nach einer KfW-Analyse von 2015 investiert nur noch jeder dritte Unternehmer über 60 Jahre. Bei Unternehmern unter 40 Jahren sind es hingegen fast 60 Prozent.

Nicht nur die Innovationskraft, auch die Art der Investition verändert sich mit zunehmendem Alter der Unternehmer. Diese dienen eher der Pflege des Kapitalstocks, während stärker risikobehaftete und kapitalbindende Vorhaben seltener werden. Eine wesentliche Ursache für die nachlassende Investitionsbereitschaft von älteren Unternehmern ist der kürzer werdende Planungshorizont. Dieser dämpft die Risikobereitschaft. Viele Vorhaben besitzen dann aus der Sicht älterer Unternehmer eine zu lange Amortisationsdauer. Damit droht solchen Unternehmen nicht nur ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit sondern auch die Minderung des Unternehmenswerts. Die Attraktivität für Nachfolger sinkt.


Beirat verhindert Innovationsstau in Familienunternehmen


Beirat als strategischer Sparringspartner

Wie kann eine solche Negativspirale verhindert werden? Ein Möglichkeit besteht in innovativen Übernahmestrukturen, die z. B. einen Altunternehmer nach dem Unternehmensverkauf an der Rendite aus seinen „späten“ Investitionen partizipieren lassen. Eine weitere besteht in der frühzeitigen Klärung seiner Nachfolge. Hier kann ein rechtzeitig mit qualifizierten Personen besetzter Beirat ein wichtiger Begleiter und Ratgeber sein.

Seine Rolle kann hierbei eine ganze Reihe von Funktionen umfassen. Diese reichen von der Aufstellung eines Nachfolgeplans,der Formulierung von Auswahlkriterien für einen Nachfolger bis hin zu dessen Auswahl (Familienmitglied oder externe Führungskraft). Auch eine Notfallgeschäftsführung, bei der der Beirat selbst für eine begrenzte Zeit die Geschäftsführung übernimmt, gehört zu den optionalen Aufgaben. Hier wird bei einem plötzlichen Ausfall des Unternehmers für die Fortführung der Geschäfte Sorge getragen und somit ein hohes Maß an Kontinuität gewährleistet. Diese setzt allerdings eine längerdauernde Zusammenarbeit mit einem Beirat voraus, sodass deren Mitglieder schon mit den wesentlichen Unternehmensaspekten vertraut sind. Außerdem müssen die erforderlichen Qualifikationen im Beirat vorhanden sein. Erfahrungsgemäß vergehen ein bis eineinhalb Jahre, bis ein Beirat installiert und voll funktionsfähig ist. Daher sollte mit den Vorbereitungen der die Etablierung eines Beirats frühzeitig begonnen werden, damit erkennbaren Herausforderungen konsequent begegnet werden kann.

Was zu beachten ist

Die Gesellschafter können qualifizierte Persönlichkeiten selber identifizieren und ansprechen. Oder aber sie bedienen sich auf die Besetzung von Beiräten spezialisierten Beratern mit entsprechenden Netzwerken. Professionelle Dienstleister erweitern durch ihre Netzwerke den Kreis qualifizierter Beiratskandidaten. Auf jeden Fall sollte man sich für die Auswahl der Mitglieder eines Beirats mindestens so viel Zeit nehmen wie für die Ausarbeitung der Beiratsordnung.

Fazit

Ein qualifiziert besetzter Beirat ist gerade für Familienunternehmen ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft. Dadurch dass eine über den aktuellen Inhaber hinausgehende Perspektive geschaffen wird, hilft er, die Innovationsbereitschaft sicherzustellen und unternehmerisches Vermögen zu mehren. Mehr und mehr Familienunternehmen wissen die Vorteile eines hochwertig besetzten Beirats inzwischen zu schätzen. Die Kosten-Nutzen-Relation ist nämlich nicht zu überbieten!

 

Zum Autor:

Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).

E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de