Bera­tungs­ver­trä­ge zwi­schen einer AG und Auf­sichts­rats­mit­glie­dern der AG bedür­fen nach § 114 Abs. 1 AktG zu ihrer Wirk­sam­keit der Zustim­mung des Auf­sichts­rats. Ohne die Zustim­mung oder eine nach­träg­li­che Geneh­mi­gung hat das betrof­fe­ne Auf­sichts­rats­mit­glied eine bereits erhal­te­ne Ver­gü­tung zurück­zu­zah­len (§ 114 Abs. 2 Satz AktG). Damit will der Gesetz­ge­ber die unsach­ge­mä­ße Beein­flus­sung von Auf­sichts­rats­mit­glie­dern durch den ver­trag­schlie­ßen­den Vor­stand ver­hin­dern und zugleich sicher­stel­len, dass die Rege­lun­gen zur Ver­gü­tung der Auf­sichts­rats­mit­glie­der (§ 113 AktG) nicht umgan­gen wer­den.

Der Wort­laut der Vor­schrift erfasst aller­dings nur Ver­trä­ge zwi­schen der AG und ihren Auf­sichts­rats­mit­glie­dern selbst. Bis­lang war jedoch aner­kannt, dass § 114 AktG über sei­nen Wort­laut hin­aus anzu­wen­den ist: dann näm­lich, (a) wenn es sich bei dem Ver­trags­part­ner um eine nahe­ste­hen­de Per­son des Auf­sichts­rats­mit­glieds im Sin­ne des § 115 Abs. 2 AktG han­delt, (b) wenn das Auf­sichts­rats­mit­glied gleich­zei­tig gesetz­li­cher Ver­tre­ter und Allein­ge­sell­schaf­ter bzw. Allein­ak­tio­när des Ver­trags­part­ners ist oder © wenn das Auf­sichts­rats­mit­glied zwar nicht Allein­ge­sell­schaf­ter bzw. Allein­ak­tio­när, aber den­noch am Ver­trags­part­ner betei­ligt ist und mehr als nur ganz gering­fü­gi­ge Leis­tun­gen von die­sem erhält.

Zur Rück­zah­lung ver­pflich­tet

Mit dem Urteil vom 29. Juni 2021 (Az. II ZR 75/20) hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) nun­mehr ent­schie­den, dass ein Bera­tungs­ver­trag, der zwi­schen einer AG und einer Gesell­schaft abge­schlos­sen wird, bei der ein Auf­sichts­rats­mit­glied der AG zwar nicht Aktio­när, aber gesetz­li­cher Ver­tre­ter ist, eben­falls der Zustim­mung des Auf­sichts­rats bedarf. In dem zugrun­de­lie­gen­den Sach­ver­halt war der Vor­sit­zen­de des Auf­sichts­rats der D. AG gleich­zei­tig Vor­stands­vor­sit­zen­der der I. AG, einem Con­sul­ting­un­ter­neh­men. Die D. AG schloss mit der I. AG einen Bera­tungs­ver­trag ab, ohne die­sen zuvor dem Auf­sichts­rat vor­zu­le­gen. Als Gegen­leis­tung für die durch die I. AG in der Fol­ge vor­ge­nom­me­nen Bera­tungs­leis­tun­gen wur­de ihr durch die D. AG eine Ver­gü­tung von rund 61.000 EUR bezahlt. Als dies dem spä­te­ren Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den der D. AG bekannt wur­de, ver­lang­te die D. AG als Klä­ge­rin vom frü­he­ren Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den als Beklag­tem die Rück­zah­lung der Ver­gü­tung.

Das Land­ge­richt Essen wies die Kla­ge zunächst ab, bevor das Ober­lan­des­ge­richt Hamm die­ser über­wie­gend statt­gab. Hier­ge­gen wand­te sich der frü­he­re Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de mit sei­ner Revi­si­on zum Bun­des­ge­richts­hof. Die Revi­si­on blieb erfolg­los. Auch der BGH war der Auf­fas­sung, dass der Beklag­te zur Rück­zah­lung der Ver­gü­tung in Höhe von rund 61.000 EUR ver­pflich­tet sei und wies die Revi­si­on daher zurück. Der Anspruch auf Rück­zah­lung der Ver­gü­tung der D. AG gegen ihren frü­he­ren Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den erge­be sich aus § 114 Abs. 2 Satz 1 Akti­en­ge­setz (AktG), der auch im vor­lie­gen­den Fall (ana­log) anwend­bar sei. Es sei uner­heb­lich, dass § 114 AktG sei­nem Wort­laut nach nur Bera­tungs­ver­trä­ge erfas­se, die das Auf­sichts­rats­mit­glied per­sön­lich mit der Akti­en­ge­sell­schaft schließt.

Vor­sicht bei Bera­ter­ver­trä­gen

Eine ent­spre­chen­de Anwen­dung gebie­te vor allem der Schutz­zweck der §§ 113, 114 AktG, wonach die Akti­en­ge­sell­schaft vor ver­deck­ten Auf­sichts­rats­ver­gü­tun­gen und der Gefähr­dung der Unab­hän­gig­keit des Auf­sichts­rats­mit­glieds durch zu enge Bera­ter­be­zie­hun­gen zu schüt­zen sei. Vor allem Letz­te­res sei hier der Fall. Die Unab­hän­gig­keit sei hier gefähr­det gewe­sen, weil sich bereits aus der Stel­lung des Beklag­ten als Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der D. AG und zugleich als gesetz­li­cher Ver­tre­ter der I. AG Inter­es­sen­kol­li­sio­nen erge­ben könn­ten. Dies gel­te dar­über hin­aus unab­hän­gig von einer etwa­igen Betei­li­gung an der Gesell­schaft oder der Ver­ein­ba­rung einer erfolgs­ab­hän­gi­gen Ver­gü­tung, da den Beklag­ten in jedem Fal­le der wirt­schaft­li­che Erfolg oder Miss­erfolg der Gesell­schaft in sei­ner beruf­li­chen Stel­lung tref­fe.

Mit sei­ner aktu­el­len Ent­schei­dung bestä­tigt der Bun­des­ge­richts­hof erneut sei­ne Ten­denz zu einem umfang­rei­chen Anwen­dungs­be­reich des § 114 AktG. Er ver­zich­tet nun­mehr ganz auf das Erfor­der­nis einer Betei­li­gung an der betref­fen­den Gesell­schaft und lässt es genü­gen, dass das Auf­sichts­rats­mit­glied ledig­lich gesetz­li­cher Ver­tre­ter des Ver­trags­part­ners ist. Er begrün­det dies maß­geb­lich mit dem Schutz­zweck der §§ 113, 114 AktG, wonach die Akti­en­ge­sell­schaft vor ver­deck­ten Auf­sichts­rats­ver­gü­tun­gen und der Gefähr­dung der Unab­hän­gig­keit des Auf­sichts­rats­mit­glieds durch zu enge Bera­ter­be­zie­hun­gen zu schüt­zen sei.

Die Ent­schei­dung mahnt zur Vor­sicht beim Abschluss von Bera­tungs­ver­trä­gen. Immer dann, wenn ein Auf­sichts­rats­mit­glied in beson­de­rer Wei­se mit einem Ver­trags­part­ner der AG ver­bun­den ist, soll­te die Zustim­mungs­pflicht des Auf­sichts­rats geprüft wer­den, um etwa­ige Rück­zah­lungs­pflich­ten zu ver­mei­den.