Die kürzlich vorgestellte Studie von Prof. Dr. Peter Ruhwedel zum „Aufsichtsrats-Score“ hat die Aufsichtsräte aller DAX30- und MDAX-Gesellschaften hinsichtlich Arbeitsweise, Transparenz und Zusammensetzung analysiert. Basis dafür waren die veröffentlichten Informationen für das Geschäftsjahr 2016.
Neben dem Ranking der einzelnen Gesellschaften zeigt die Studie, dass die Unternehmen bislang nur unzureichend auf die neuen Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex vorbereitet sind. Der im Frühjahr 2017 adjustierte Kodex verlangt von den Unternehmen u. a., dass der Aufsichtsrat für das gesamte Gremium ein Kompetenzprofil erarbeitet und veröffentlicht. Daraus sollen die Aktionäre dann erkennen, welche Kompetenzen im Gesamtgremium in Bezug auf das Unternehmen und seine Anforderungen aktuell vorhanden sind.
Gleichzeitig soll der Aufsichtsrat dieses Kompetenzprofil im Rahmen regelmäßiger Effizienzprüfungen weiterentwickeln, wenn es die aktuelle Unternehmenssituation erfordert. Dies ist z. B. bei veränderten Rahmenbedingungen oder einer geschäftlichen Neuausrichtung der Fall. Ferner soll auch bei der langfristigen Nachfolgeplanung das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats berücksichtigt werden. Dazu gilt es auf der Basis dieser Analyse konkrete Anforderungsprofile für die neuen Aufsichtsratskandidaten zu entwickeln. Schließlich dient das publizierte Kompetenzprofil auch dazu, die Wahlvorschläge des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung nachvollziehbar zu begründen.
Die Ergebnisse der Studie „Aufsichtsrats-Score“ zeigen, dass in Jahr 2017 Wahlvorschläge für die Beschlussfassung durch die Hauptversammlung nur bei drei DAX30- und sechs MDAX-Unternehmen inhaltlich begründet waren, d. h. nicht nur unter Nennung formaler Aspekte wie Geschlecht, Unabhängigkeit oder zeitliche Verfügbarkeit. Nur fünf DAX30- und zwei MDAX-Unternehmen berichteten über die Verwendung eines Anforderungsprofils als Vorbereitung für einen Wahlvorschlag an die Hauptversammlung. Ferner beschrieben nur zwei DAX30- und zwei MDAX-Unternehmen den Nominierungsprozess und machten so den Such- und Auswahlprozeß für Aktionäre transparent.
Es bleibt daher abzuwarten, ob diese Zahlen schon im laugenden Jahr deutlich ansteigen, wie es der Kodex mit der Einführung der Veröffentlichung von Kompetenzprofilen nunmehr verlangt. Ohne aussagekräftige Begründungen der Wahlvorschläge unter Hinweis auf das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats lassen sich diese nämlich nur schwer nachvollziehen. Eine Professionalisierung des Besetzungsprozesses und seiner Transparenz für die Aktionäre ist dringend geboten. Übrigens fordern auch institutionelle Investoren und die von ihnen beauftragten Stimmrechtsberater dies immer lauter. Es ist auch höchste Zeit dafür! Das hat die TUI-Hauptversammlung vor einigen Tagen und die Diskussion um die Wahl von Dieter Zetsche in den Aufsichtsrat gezeigt.
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).
E-Mail: klaus.weigel@board-experts.de