Am 11. Oktober 2018 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den lange erwarteten Referentenentwurf zur Umsetzung der zweiten EU-Aktionärsrechte-Richtlinie in deutsches Recht vorgelegt. Demnach ist der Aufsichtsrat wie bisher für die Vorstandsvergütung verantwortlich.
Aber die Aktionäre sollen nach dem Entwurf mindestens alle vier Jahre über die vom Aufsichtsrat festgelegte Vergütungspolitik für die Vorstandsmitglieder abstimmen. Bei wesentlichen Änderungen des Vergütungssystems müssen sie künftig auf jeden Fall gefragt werden, wobei das Votum der Hauptversammlung nicht bindend sein soll. Insofern hat das Bundesjustizministerium von einer Wahlmöglichkeit im Sinne des dualistischen Systems des deutschen Corporate Governance Systems Gebrauch gemacht. Allerdings solle der Aufsichtsrat die Vergütungspolitik überprüfen, wenn die Hauptversammlung die Vergütungspolitik ablehne.
Laut dem Referentenentwurf müssen außerdem Vorstand und Aufsichtsrat jährlich über ihre jeweiligen Vergütungen einen Vergütungsbericht für das vorausgegangene Geschäftsjahr vorlegen, den die Hauptversammlung billigen muss. Dieser Bericht muss zusätzlich zu der individualisierten Aufstellung aller Vergütungselemente auch die Entwicklung der Vorstandsvergütung im Vergleich zur durchschnittlichen Vergütung über fünf Geschäftsjahre hinweg ausweisen. Eine solche Darstellung, die nicht rückwirkend dargestellt, sondern über die nächsten fünf Jahre aufgebaut werden muss, wäre für deutsche Unternehmen neu.
Aktionäre, aber auch Stimmrechtsberater erhalten somit ab 2020 mehr Einfluß auf die Vorstandsvergütung, obwohl das Votum der Aktionäre nach dem jetzt vorgelegten Referentenentwurf unverbindlich ist und damit lediglich beratenden Charakter hat. Aber es entspricht der dualistischen Struktur des deutschen Aktienrechts, dass die Kompetenz zur Festsetzung und Entwicklung des Vergütungssystems für den Vorstand weiterhin eindeutig beim Aufsichtsrat verbleibt. Dieser erscheint aufgrund seiner Zusammensetzung dazu besonders geeignet, zumal durch die Mitbestimmungsvorschriften auch der Einfluß der Arbeitnehmervertreter auf die Vorstandsvergütung gewährleitstet ist.
Auch wenn es durch die Abstimmung zwischen den verschiedenen Ministerien möglicherweise noch zu leichten Veränderungen des Referentenentwurfs kommt, sollten börsennotierte Unternehmen bereits jetzt prüfen, ob ihr System der Vorstandsvergütung im Einklang mit den strategischen Zielsetzungen steht und die richtigen Anreize für eine nachhaltige Performance setzt. Auch die Vergütungsberichte bedürfen wohl in vielen Unternehmen einer deutlichen Überarbeitung. Ferner sollten die Erwartungen von Aktionären und auch Stimmrechtsberatern an Vergütungssysteme in die Überprüfung einbezogen werden. Nur so kann man vermeiden, dass man bei den ersten Abstimmungen nach dem neuen Gesetz keine böse Überraschung erlebt.
Zum Autor:
Dr. Klaus Weigel ist seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH, Frankfurt am Main. Er war 25 Jahre für Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die Board Xperts GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist zugleich Mitgründer und Vorstandsmitglied der Vereinigung Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).
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