Das OLG Karls­ru­he hat in einer neue­ren Ent­schei­dung dar­ge­legt, in wel­chen Fäl­len Auf­sichts­rats­mit­glie­der auch für ihr Ver­hal­ten außer­halb der Auf­sichts­rats­tä­tig­keit abbe­ru­fen wer­den kön­nen. Es sei dafür aus­rei­chend, dass sich das Ver­hal­ten nega­tiv auf die Auf­sichts­rats­tä­tig­keit und damit das Unter­neh­men aus­wir­ke. Dies gel­te bereits für Repu­ta­ti­ons­schä­den bezüg­lich des Unter­neh­mens. Hin­ter­grund der Ent­schei­dung waren Mani­pu­la­tio­nen von Betriebs­rats­pro­to­kol­len und E‑Mails durch einen Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter im Auf­sichts­rat eines Soft­ware-Unter­neh­mens.

Die Abbe­ru­fung eines Auf­sichts­rats­mit­glieds setzt das Vor­lie­gen eines wich­ti­gen Grun­des in des­sen Per­son vor­aus (§103 Abs. 3 AktG). Ob ein sol­cher Grund vor­liegt, ist laut OLG Karls­ru­he anhand der Umstän­de des Ein­zel­falls zu beur­tei­len. Im All­ge­mei­nen sei dies aber der Fall, wenn es für die Gesell­schaft unzu­mut­bar sei, dass das Auf­sichts­rats­mit­glied bis zum Ablauf sei­ner Amts­zeit im Amt ver­blei­be. Unzu­mut­bar­keit sei etwa dann gege­ben, wenn der wei­te­re Ver­bleib im Amt die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Auf­sichts­rats nicht uner­heb­lich beein­träch­tigt. Da das Auf­sichts­rats­man­dat als Neben­amt aus­ge­stal­tet sei, sei das Inter­es­se des Auf­sichts­rats­mit­glieds sein Amt zu behal­ten, weni­ger stark zu berück­sich­ti­gen, als dies für Vor­stands­mit­glie­der bei deren Abbe­ru­fung erfor­der­lich gel­te. Da das Auf­sichts­rats­man­dat zudem aus­schließ­lich im Unter­neh­mens­in­ter­es­se aus­ge­übt wer­den müs­se, hät­ten die Inter­es­sen des Auf­sichts­rats­mit­glieds gegen­über denen der Gesell­schaft an einem funk­ti­ons­fä­hi­gen Auf­sichts­rat grund­sätz­lich zurück­zu­ste­hen.

Rele­van­tes Ver­hal­ten des Mit­glieds außer­halb sei­ner Auf­sichts­rats­tä­tig­keit

Das Gericht stellt klar, dass auch ein Ver­hal­ten des Auf­sichts­rats­mit­glieds außer­halb sei­nes Man­dats eine Abbe­ru­fung recht­fer­ti­gen kön­ne. Maß­geb­lich sei, ob das Ver­hal­ten kon­kre­te nach­tei­li­ge Fol­gen für den Geschäfts­gang oder das Anse­hen der Gesell­schaft habe oder die ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit im Auf­sichts­rat gefähr­de. Dies gel­te selbst bei rein pri­va­ten Ver­feh­lun­gen des Auf­sichts­rats­mit­glieds. Berück­sich­tigt wer­den müs­se ledig­lich, dass ein Zusam­men­hang des Ver­hal­tens der betref­fen­den Per­son mit der Auf­sichts­rats­tä­tig­keit erkenn­bar sei. Hier­für rei­che es aus, dass sich das Ver­hal­ten auf die Auf­sichts­rats­tä­tig­keit und damit die Gesell­schaft nega­tiv aus­wir­ke. Für letz­te­res genüg­ten bereits Repu­ta­ti­ons­schä­den der Gesell­schaft, die – auch – auf einem ethi­schen Fehl­ver­hal­ten des Auf­sichts­rats­mit­glieds außer­halb sei­ner Auf­sichts­rats­tä­tig­keit beru­hen könn­ten. Ein wich­ti­ger Grund läge ins­be­son­de­re dann vor, wenn per­sön­li­che Ver­feh­lun­gen einen Rück­schluss auf die man­geln­de Eig­nung als Auf­sichts­rats­mit­glied zulas­sen oder zumin­dest ein Bezug zwi­schen ihnen und der Tätig­keit als Auf­sichts­rat der Gesell­schaft bestehen wür­de. Wesent­lich sei das Inter­es­se der Gesell­schaft an einer funk­ti­ons­fä­hi­gen Kon­trol­le durch den Auf­sichts­rat.

Schluss­fol­ge­run­gen für die Pra­xis

Der Beschluss des OLG Karls­ru­he zeigt, in wel­chen Fäl­len eine (gericht­li­che) Abbe­ru­fung von Auf­sichts­rats­mit­glie­dern mög­lich ist. Die Aus­ge­stal­tung des Auf­sichts­rats­man­dats als Neben­amt führt dazu, dass die Abbe­ru­fung von Auf­sichts­rats­mit­glie­dern ein­fa­cher mög­lich ist als der Wider­ruf der Bestel­lung von Vor­stands­mit­glie­dern. Dis­kus­si­ons­wür­dig erschei­nen aller­dings die Aus­füh­run­gen des OLG Karls­ru­he zum Repu­ta­ti­ons­scha­den für die Gesell­schaft als wich­ti­gem Grund auf­grund eines Fehl­ver­hal­tens außer­halb der Auf­sichts­rats­tä­tig­keit. Der Ansatz des Gerichts, dass jedes unethi­sche Ver­hal­ten, das zu einem Repu­ta­ti­ons­scha­den führt, eine Abbe­ru­fung recht­fer­tigt, scheint doch zu weit zu gehen. Ins­be­son­de­re Art und Aus­maß des Repu­ta­ti­ons­scha­dens bedür­fen mög­li­cher­wei­se einer nähe­ren Spe­zi­fi­zie­rung.